15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen eine rote Rose, welche in einer Pfütze liegt.

Dokument-Nr. 10278

Drucken
Urteil17.09.2010Oberlandesgericht Celle4 U 30/08
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Celle Urteil17.09.2010

Landesmuseum Niedersachsen muss Gemälde "Il Miraculo di Sant Antonio" von Tiepolo herausgebenDurch ungewöhnliche Kaufumstände hätte Verdacht auf zweifelhafte Herkunft des Gemäldes geschöpft werden müssen

Das Land Niedersachsen (Landesmuseum) hat im Jahre 1985 kein wirksames Eigentum an dem Gemälde "Il Miraculo di Sant Antonio" des italienischen Malers Giovanni Battista Tiepolo erworben. Das Gemälde muss an die Testa­ments­voll­stre­ckerin der ursprünglichen - im Laufe des Klageverfahrens verstorbenen - Eigentümerin in Italien herausgegeben werden. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Celle.

Im zugrunde liegenden Fall sah es das Oberlan­des­gericht Celle nach Befragung von Zeugen, die erstmals im Berufungs­ver­fahren vom Land benannt worden sind, als erwiesen an, dass die frühere Klägerin das Bild von ihrem Vater als Teil seiner Sammlung Modiano geerbt hat und dass es ihr um die Jahreswende 1978/1979 aus ihrer Pariser Wohnung gestohlen worden ist. Das Gericht stützt sich dabei u.a. auf Dokumente, aus denen sich ergibt, dass sie seinerzeit den Diebstahl des Bildes bei der französischen Polizei und bei der für die Erteilung von Ausfuhr­ge­neh­mi­gungen für solche Bilder zuständigen Stelle beim Louvre angezeigt hat. Da das Bild nicht versichert gewesen ist, schließt das Gericht einen fingierten Diebstahl aus.

Land konnte Vergewisserung über Vertrau­ens­wür­digkeit der Gewährsmänner und Seriosität der Verkäuferin nicht nachweisen

Weiter gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass das Landesmuseum im Jahre 1985 nicht gutgläubig Eigentum von der französischen Verkäuferin, einer Kunstmalerin, hat erwerben können. Sowohl die als Zeugin schriftlich vom Gericht befragte Verkäuferin als auch der für das Landesmuseum handelnden Kustos hätten bei ihren jeweiligen Ankäufen aufgrund der für einen Kunsterwerb ungewöhnlichen Kaufumstände Verdacht auf eine zweifelhafte Herkunft des Gemäldes schöpfen müssen. Das Land habe zum einen nicht beweisen können, dass es sich über vertrau­ens­würdige Gewährsmänner von der Seriosität der Verkäuferin vergewissert habe. Zudem hätte der Kaufpreis von 1 Million französischer Franc erkennbar erheblich unter dem damaligen tatsächlichen Wert gelegen. Auch sei dem Kustos bekannt gewesen, dass das Bild für die Sammlung Modiano registriert war, ohne dass ihn dies zu Nachforschungen veranlasst hätte. Schließlich wertet das Gericht auch die jetzt aufgedeckten Umstände des Transports des Bildes gegen das Landesmuseum. Der Kustos habe gewusst, dass das Gemälde in einer Reisetasche zwischen zwei Buchdeckeln per Flugzeug nach Deutschland verbracht worden sei. Die Zollfor­ma­litäten zur Deklarierung der Einfuhrum­satz­steuer seien umgangen und die damals erforderliche Ausfuhr­ge­neh­migung des Louvre sei nicht eingeholt worden. Schließlich sei durch eine zwischen dem Kustos und dem Überbringer formulierte Empfangs­quittung der Anschein erweckt worden, das Land hätte das Bild von diesem als einem deutschen Verkäufer erworben.

Landesmuseum setzt sich leichtfertig über nächstliegende Verdachts­momente hinweg

Unter Würdigung der Gesamtumstände vertritt das Gericht die Auffassung, das Landesmuseum habe sich mindestens leichtfertig über nächstliegende Verdachts­momente hinweggesetzt, wenn es die Verkäuferin für die berechtigte Eigentümerin des Bildes hielt.

Quelle: Oberlandesgericht Celle/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil10278

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI