21.11.2024
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Oberlandesgericht Bremen Urteil16.11.2007

AGB-Klauseln über Gaspreis­er­höhung der Stadtwerke Bremen sind unwirksamPreis­an­pas­sungs­klauseln sind unklar und nicht nachvollziehbar

Das Hanseatische Oberlan­des­gericht in Bremen hat die Preis­ver­än­de­rungs­klauseln der Stadtwerke Bremen in Verträgen von fast 60 Erdgaskunden für unwirksam erklärt. Die Klauseln seien für die Kunden nicht durchschaubar und nicht präzise gewesen. Es habe für Verbraucher keine Möglichkeit gegeben, die Erhöhung nachzu­voll­ziehen.

Das Hanseatische Oberlan­des­gericht in Bremen hat die Berufung der swb Vertrieb GmbH (swb) im so genannten "Gaspreis­ver­fahren" zurückgewiesen. Das Gericht hat damit das Urteil des Landgerichts Bremen vom 24.05.2006 bestätigt, in dem die von der swb vorgenommenen Erhöhungen der Gaspreise in der Zeit vom 01.10.2004 bis 01.01.2006 für unwirksam erklärt wurden.

In dem Zivilverfahren wenden sich insgesamt 59 Erdgaskunden - alle haben mit der swb Sonder­kun­den­verträge geschlossen -, gegen die von der swb in dem fraglichen Zeitraum vorgenommenen Preiserhöhungen für Erdgas. Die swb hatte die Gaspreise in vier Stufen von 4,01 Cent/Kilowattstunde auf 5,55 Cent/Kilowattstunde erhöht und diese Erhöhungen auf Preis­an­pas­sungs­klauseln in ihren Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen (dem "Kleingedruckten") gestützt. Nach Auffassung der Kläger sind diese Preiserhöhungen unbillig und unwirksam.

Das Landgericht hat der Klage erstinstanzlich stattgegeben. Gegen diese Entscheidung hat die swb Berufung vor dem Oberlan­des­gericht eingelegt. Die Berufung war erfolglos.

Zur Begründung hat das Oberlan­des­gericht ausgeführt, dass die Preis­an­pas­sungs­klauseln, auf die die swb die Gaspreis­er­hö­hungen stützt, wegen Verstoßes gegen das Recht der Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen unwirksam seien. Die Klauseln benachteiligten die Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB). Nach den gesetzlichen Vorschriften müssten die Kläger den Umfang der auf sie zukommenden Preiss­tei­ge­rungen bei Vertragsschluss aus den Formulierungen der Preis­än­de­rungs­klauseln erkennen können. Nur dann könnten sie die Berechtigung einer vorgenommenen Erhöhung an Hand der Klauseln auch beurteilen. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Den von der swb verwendeten Klauseln fehle es an einer hinreichend klaren und nachvoll­ziehbaren Beschreibung der für eine Preiserhöhung maßgeblichen Bezugsfaktoren und deren Gewichtung für die Kalkulation des Gaspreises. Eine Preisänderung im Wege der einseitigen Leistungs­be­stimmung durch die swb gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV bzw. § 315 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Das folge daraus, dass eine (wenn auch unwirksame) Vereinbarung über die Preisanpassung ein einseitiges Leistungs­be­stim­mungsrecht ausschließe. Auch für eine ergänzende Vertrags­aus­legung bestehe bei der hier zu Grunde liegenden Fallgestaltung kein Raum.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zum Bundes­ge­richtshof (BGH) zugelassen. Dies swb hat bereits angekündigt, Revision einlegen zu wollen.

Das Gericht wies ausdrücklich wird darauf hin, dass das Urteil unmittelbare Wirkung nur im Verhältnis zwischen den Klägern dieses Verfahrens und der swb, nicht jedoch zwischen der swb und anderen Kunden hat.

Erläuterungen

§ 307 BGB - Inhalts­kon­trolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist...

§ 315 BGB - Bestimmung der Leistung durch eine Partei -

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertrag­s­chlie­ßenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

§ 4 Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) - Art der Erzeugung -

(1) Das Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung...

(2) Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam..

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Bremen vom 16.11.2007

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