Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Betriebswirt betonierte im September 2004 seine Garage mit Frischbeton. Dabei trug er Jeans und Winterstiefel. Während der Arbeiten sank er mehrmals mit seinen Knien mehrere Zentimeter tief in die Betonmasse. Dies hatte zur Folge, dass seine Jeans durchnässt wurde. Nach Beendigung der Arbeit stellte er am Knie und an den Unterschenkeln großflächige, tiefschwarze Hautverfärbungen fest, die sich als alkalische Verätzungen dritten Grades erwiesen. Er klagte daher gegen den Hersteller und Lieferanten des Frischbetons auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Das Oberlandesgericht Bamberg entschied zu Gunsten des Klägers. Diesem habe ein Anspruch auf Schadenersatz nach § 1 Abs. 1 Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) zugestanden. Denn der Hersteller habe es pflichtwidrig unterlassen auf die Gefahren hinzuweisen, die sich trotz einwandfreier Herstellung aus der Benutzung des Produkts ergeben. Die Warnpflicht erstrecke sich dabei nicht nur auf den ordnungsgemäßen Gebrauch des Produkts, sondern auch auf ein naheliegendes, übliches oder voraussehbares Fehlverhalten.
Bei Fertigbeton handele es sich nach Einschätzung des Oberlandesgerichts um einen spezifischen Werkstoff für gewerbliche Abnehmer oder für im Umgang mit diesem Produkt erfahrene Heimwerker. Es handele sich dagegen nicht um ein "Allerwelts-Konsumprodukt". Ist daher damit zu rechnen, dass das Produkt von Personen verwendet wird, die die Verätzungsgefahr bei der Verarbeitung von Frischbeton nicht kennen, müsse der Hersteller darauf hinweisen.
Dem Kläger habe zudem ein Schmerzensgeld von 9.000 € zugestanden (§ 8 Satz 2 ProdHaftG), so das Oberlandesgericht weiter. Ein solcher Betrag sei angesichts der Schadensfolgen angemessen gewesen. So sei es aufgrund der großflächigen Hautverätzungen zu mehrfachen Hautransplantationen gekommen. Zudem sei die Hautschädigung bis zum Muskelgewebe durchgedrungen. Weiterhin sei es zu folgenden Dauerschäden gekommen: eingeschränkte Beweglichkeit beider Kniegelenke beim Beugen, Sensibilitätsstörungen an beiden Unterschenkeln sowie dauerhafte Beeinträchtigung der physiologischen Hautfunktion im Bereich des Narbengewebes.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei dem Kläger aber ein Mitverschulden von 1/3 anzulasten gewesen (§ 6 Abs. 1 ProdHaftG, § 254 BGB), so dass das Schmerzensgeld auf 6.000 € zu kürzen war. Aufgrund dessen, dass der Kläger selbst einräumte zu wissen, dass es bei der Verarbeitung von Fertigbeton zu "rauen Händen" kommen kann und in Anbetracht dessen, dass allgemein bekannt sein dürfte, dass es sich bei dem Produkt nicht um ein "Allerwelts-Konsumprodukt" handelt, habe dem Kläger klar sein müssen, dass Fertigbeton Schäden der Haut verursachen kann. Er hätte daher wasserabweisende Schutzkleidung tragen oder zumindest die durchnässte Jeans zeitnah ausziehen müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.04.2014
Quelle: Oberlandesgericht Bamberg, ra-online (zt/VersR 2010, 404/rb)