21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 18134

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Urteil26.10.2009Oberlandesgericht Bamberg4 U 250/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2010, 153Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2010, Seite: 153
  • NJW-RR 2010, 902Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2010, Seite: 902
  • VersR 2010, 404Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2010, Seite: 404
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Oberlandesgericht Bamberg Urteil26.10.2009

Hautverätzungen durch fehlerhaften Umgang mit Fertigbeton: Betonhersteller muss wegen fehlender Warnung Schadenersatz und Schmerzensgeld leistenMangelnde Sorgfalt des Betonverwenders begründet Mitverschulden

Erleidet ein Laie aufgrund des fehlerhaften Umgangs mit Frischbeton Hautverätzungen, so haftet dafür der Hersteller des Betons, wenn er den Verwender nicht auf die Gefahren des Frischbetons hinweist. Jedoch kann dem Verwender ein Mitverschulden angelastet werden, wenn er trotz vorhandenen Basiswissens keine wasser­ab­weisende Schutzkleidung trägt bzw. die mit Frischbeton durchnässte Kleidung nicht zeitnah auszieht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Bamberg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Betriebswirt betonierte im September 2004 seine Garage mit Frischbeton. Dabei trug er Jeans und Winterstiefel. Während der Arbeiten sank er mehrmals mit seinen Knien mehrere Zentimeter tief in die Betonmasse. Dies hatte zur Folge, dass seine Jeans durchnässt wurde. Nach Beendigung der Arbeit stellte er am Knie und an den Unterschenkeln großflächige, tiefschwarze Hautver­fär­bungen fest, die sich als alkalische Verätzungen dritten Grades erwiesen. Er klagte daher gegen den Hersteller und Lieferanten des Frischbetons auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Anspruch auf Schadenersatz bestand wegen fehlender Warnung

Das Oberlan­des­gericht Bamberg entschied zu Gunsten des Klägers. Diesem habe ein Anspruch auf Schadenersatz nach § 1 Abs. 1 Produkt­haf­tungs­gesetz (ProdHaftG) zugestanden. Denn der Hersteller habe es pflichtwidrig unterlassen auf die Gefahren hinzuweisen, die sich trotz einwandfreier Herstellung aus der Benutzung des Produkts ergeben. Die Warnpflicht erstrecke sich dabei nicht nur auf den ordnungsgemäßen Gebrauch des Produkts, sondern auch auf ein naheliegendes, übliches oder voraussehbares Fehlverhalten.

Verwendung von Frischbeton durch Laien begründet erhöhte Hinweis­pflichten

Bei Fertigbeton handele es sich nach Einschätzung des Oberlan­des­ge­richts um einen spezifischen Werkstoff für gewerbliche Abnehmer oder für im Umgang mit diesem Produkt erfahrene Heimwerker. Es handele sich dagegen nicht um ein "Allerwelts-Konsumprodukt". Ist daher damit zu rechnen, dass das Produkt von Personen verwendet wird, die die Verät­zungs­gefahr bei der Verarbeitung von Frischbeton nicht kennen, müsse der Hersteller darauf hinweisen.

Schmerzensgeld von 9.000 €

Dem Kläger habe zudem ein Schmerzensgeld von 9.000 € zugestanden (§ 8 Satz 2 ProdHaftG), so das Oberlan­des­gericht weiter. Ein solcher Betrag sei angesichts der Schadensfolgen angemessen gewesen. So sei es aufgrund der großflächigen Hautverätzungen zu mehrfachen Hautrans­plan­ta­tionen gekommen. Zudem sei die Hautschädigung bis zum Muskelgewebe durchgedrungen. Weiterhin sei es zu folgenden Dauerschäden gekommen: eingeschränkte Beweglichkeit beider Kniegelenke beim Beugen, Sensi­bi­li­täts­s­tö­rungen an beiden Unterschenkeln sowie dauerhafte Beein­träch­tigung der physiologischen Hautfunktion im Bereich des Narbengewebes.

Mitverschulden von 1/3 wegen fehlender Sorgfalt

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts sei dem Kläger aber ein Mitverschulden von 1/3 anzulasten gewesen (§ 6 Abs. 1 ProdHaftG, § 254 BGB), so dass das Schmerzensgeld auf 6.000 € zu kürzen war. Aufgrund dessen, dass der Kläger selbst einräumte zu wissen, dass es bei der Verarbeitung von Fertigbeton zu "rauen Händen" kommen kann und in Anbetracht dessen, dass allgemein bekannt sein dürfte, dass es sich bei dem Produkt nicht um ein "Allerwelts-Konsumprodukt" handelt, habe dem Kläger klar sein müssen, dass Fertigbeton Schäden der Haut verursachen kann. Er hätte daher wasser­ab­weisende Schutzkleidung tragen oder zumindest die durchnässte Jeans zeitnah ausziehen müssen.

Quelle: Oberlandesgericht Bamberg, ra-online (zt/VersR 2010, 404/rb)

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