18.10.2024
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Sie sehen den Auspuff eines Autos.

Dokument-Nr. 4553

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Beschluss15.11.2006Oberlandesgericht Bamberg2 Ss OWi 577/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DAR 2007, 338Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2007, Seite: 338
  • NJW 2007, 1014Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2007, Seite: 1014
  • NStZ-RR 2007, 90Zeitschrift: NStZ-Rechtsprechungsreport (NStZ-RR), Jahrgang: 2007, Seite: 90
  • NZV 2007, 216Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2007, Seite: 216
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Vorinstanz:
  • Amtsgericht Bayreuth, Urteil23.01.2006
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Bamberg Beschluss15.11.2006

Autofahren nur mit Socken - Bußgeld?Verstoß gegen die Pflichten eines sorgfältigen Autofahrers

Das Lenken eines Kraftfahrzeugs nur mit Socken und ohne Schuhe stellt keine Verkehrs­ordnungs­widrigkeit dar. Dies hat das Oberlan­des­gericht Bamberg entschieden.

Im Fall stoppte die Polizei einen Fahrer, der mit seinem LKW mit Anhänger auf der Autobahn unterwegs war. Er hatte dabei kein Schuhwerk an. Er fuhr mit Socken. Das Amtsgericht Bayreuth verurteilte den LKW-Fahrer zu einer Geldbuße von 50,- EUR. Durch sein Verhalten habe der Mann eine vorsätzliche Ordnungs­wid­rigkeit nach §§ 23 Abs. 1, 49 StVO i.V.m. § 24 StVG begangen, führte das Amtsgericht aus.

Das Oberlan­des­gericht Bamberg hob dieses Urteil auf. Die Bamberger Richter konnten keinen Verstoß gegen § 23 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 StVO ausmachen. Ein Verstoß gegen Satz 1 käme von vornherein nicht in Betracht, weil nicht das Gehör oder die Sicht des Fahrers beeinträchtigt waren. Auch Satz 2 scheide aus. Danach müsse der Fahrzeugführer dafür sorgen, dass die Ladung und die Besetzung des Fahrzeugs vorschriftsmäßig sind und die Verkehrs­si­cherheit durch Ladung und/oder Besetzung nicht beeinträchtigt seien.

Fahrer gehört nicht zur "Besetzung" im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO

Soweit § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO dem Fahrzeugführer die Verant­wort­lichkeit für die Besetzung des Fahrzeugs auferlege, können damit aber nur die Personen gemeint sein, die sich neben dem Fahrer noch im Fahrzeug befinden. Dies sei u. a. auch § 31 Abs. 2 StVZO zu entnehmen, der für den Fahrzeughalter eindeutig zwischen seiner Verantwortung für die Eignung des Fahrzeugführers einerseits und die (Ladung und) Besetzung andererseits differenziere, den Fahrer somit nicht als Teil der Besetzung ansehe. Dementsprechend werde im Rahmen des § 23 Abs. 1 StVO die Besetzung insbesondere in den Fällen als nicht vorschriftsmäßig angesehen, in denen sie den Bestimmungen des § 21 StVO nicht entspricht und dadurch die Verkehrs­si­cherheit beeinträchtigt wird. § 21 StVO wiederum regelt die Sorgfalts­pflichten des Fahrers bei der Mitnahme anderer Personen.

§ 209 SGB VII nur für Unternehmer oder Versicherten anwendbar

Auch eine Verurteilung nach §§ 209 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 SGB VII i.V.m. §§ 44 Abs. 2, 58 und 32 der Unfall­ver­hü­tungs­vor­schriften "Fahrzeuge" (BGV D29) komme hier nicht in Betracht. Zwar hieße es in § 44 Abs. 2 BGV D29: "Der Fahrzeugführer muss zum sicheren Führen des Fahrzeugs den Fuß umschließendes Schuhwerk tragen." Als Unfall­ver­hü­tungs­vor­schrift könne § 44 Abs. 2 BGV D29 aber nur im Rahmen eines Versi­che­rungs­ver­hält­nisses nach dem SGB VII Geltung beanspruchen. Dementsprechend richte sich der Bußgeld­tat­bestand des § 58 BGV D29 im hier maßgeblichen Regelungs­bereich über die Verweisung auf § 32 BGV D29 nur an Unternehmer und Versicherte als Normadressaten. Ob der Fahrer bei seiner Fahrt am 20.09.2005 als Unternehmer oder Versicherter im Sinne des § 32 BGV D29 unterwegs war, sei nicht festgestellt worden. Das Führen eines Lkw mit Anhänger sei auch im rein privaten Bereich möglich.

Verstoß gegen § 1 StVO - aber kein Unfall

Allerdings stelle das Fahren ohne Schuhe einen Verstoß gegen die Pflichten eines sorgfältigen Kraft­fahr­zeug­führers dar (§ 1 Abs. 2 StVO), da wesentliche Fahrzeug­funk­tionen über Pedale mit Fußkontakt gesteuert würden, könne das Fahren ohne (oder mit ungeeignetem) Schuhwerk infolge einer dadurch bedingten Fehlbedienung der Pedale oder eines Abrutschens von den Pedalen mit erheblichen Risiken verbunden sein. Jedoch verlange § 1 Abs. 2 StVO die Herbeiführung eines von der Rechtsordnung missbilligten Erfolges (z.B. Unfall). Ein solcher "Erfolg" sei aber nicht eingetreten.

Daher gebe es insgesamt keine Grundlage, ein Bußgeld zu verhängen.

Quelle: ra-online (pt)

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