Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss09.08.2012
Binnendifferenzierung innerhalb der Vollnoten müssen bei Beförderungsauswahlentscheidungen einer Polizeidirektion berücksichtigt werdenBeförderungsauswahlentscheidungen der Polizeidirektion Oldenburg rechtswidrig
In einem Musterverfahren wurden die Beschwerden der Polizeidirektion Oldenburg gegen vier Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Oldenburg von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Dieses hatte der Polizeidirektion im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, mehrere Polizeikommissare zu Polizeioberkommissaren (Besoldungsgruppe A 10) zu befördern. Die Entscheidungen wurden von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht bestätigt.
In dem zugrunde liegenden Fall ist das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht der Auffassung, dass die Beförderungsauswahlentscheidungen der Polizeidirektion rechtswidrig sind. In den für die Polizei des Landes Niedersachsen maßgeblichen Beförderungsrichtlinien ist geregelt, dass bei einer Auswahlentscheidung über eine Beförderungsstelle die Gesamtnoten der Bewerber in den aktuellen dienstlichen Beurteilungen verglichen werden müssen. Sind diese - wie bei den an dem Beschwerdeverfahren beteiligten Polizeibeamten - im Wesentlichen gleich, müssen nach den Beförderungsrichtlinien die Vollnoten der Vorbeurteilungen der Bewerber miteinander verglichen werden. Sind diese ebenfalls gleich, wird die Auswahlentscheidung nach der auf den Beförderungsrichtlinien beruhenden Praxis der niedersächsischen Polizeibehörden nach so genannten Hilfskriterien, wie z. B. der Dauer der Tätigkeit im Amt des Polizeikommissars, getroffen.
Beförderungsrichtlinien, soweit sie sich auf die Vollnoten beschränken, rechtsfehlerhaft
Die Beförderungsrichtlinien wurden von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht für rechtsfehlerhaft erachtet, soweit sie sich bei dem Auswahlkriterium der Vorbeurteilungen auf den Vergleich der Vollnoten beschränken. Dazu hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass Auswahlentscheidungen über Beförderungsstellen in erster Linie anhand leistungsbezogener Erkenntnisse zu treffen sind. Erst wenn die Bewerber im Wesentlichen gleich gut beurteilt sind, darf auf Hilfskriterien zurückgegriffen werden. Da die Polizeibeamten in ihren Vorbeurteilungen nicht nur Vollnoten, sondern innerhalb der Vollnoten auch so genannte Binnendifferenzierungen erhalten haben (oberer, mittlerer oder unterer Bereich), hätte die Polizeidirektion diese Binnendifferenzierungen auch bei ihren Auswahlentscheidungen berücksichtigen müssen. Denn die Binnendifferenzierungen innerhalb der Vollnoten bringen einen messbareren Bewertungsunterschied zum Ausdruck. Dies hat die Polizeidirektion nicht beachtet. Sie hat anstelle des Antragstellers Bewerber ausgewählt, die in ihren Vorbeurteilungen die Binnendifferenzierung "mittlerer Bereich" erhalten haben, obgleich der Antragsteller in seiner Vorbeurteilung die bessere Binnendifferenzierung "oberer Bereich" erhalten hat.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.08.2012
Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online