03.12.2024
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Landgericht Frankenthal Urteil11.03.2021

Gericht stellt hohe Anforderungen an Entziehung des PflichtteilsNicht jede Körper­ver­letzung rechtfertigt Pflicht­teils­entziehung

Um einem gesetzlichen Erben den Pflichtteil wirksam entziehen zu können, müssen Erblasser sowohl formal als auch inhaltlich hohe Hürden überwinden. Insbesondere kann eine körperliche Ausein­an­der­setzung nur dann dazu führen, dass der Pflicht­teils­anspruch entfällt, wenn es sich um ein schweres Vergehen gegen den Erblasser gehandelt hat. Das hat das Landgericht Frankenthal in einem aktuellen Rechtsstreit entschieden. Der testamentarisch übergangene gesetzliche Erbe hatte eine an seiner Stelle bedachte soziale Einrichtung aus dem Rhein-Main-Gebiet verklagt. Diese muss ihm nun seinen 50 %-igen Pflichtteil auszahlen und auch die Verfah­rens­kosten tragen.

Die Eltern des Mannes aus Frankenthal hatten ihn 1997 in einem notariellen Erbvertrag enterbt und zusätzlich angeordnet, dass ihm der Pflichtteil entzogen werden soll. Als Begründung gaben sie an, dass der Sohn seine Mutter ein Jahr zuvor mehrfach geschlagen und sie hierbei eine Schädelprellung erlitten habe. Diese Pflicht­teils­ent­ziehung wollte der Mann nach dem Tode der Mutter nicht akzeptieren und klagte gegen die als Erbin eingesetzte soziale Einrichtung.

Maßgebliches Fehlverhalten muss im Testament konkret geschildert sein

Die Klage hatte vollumfänglich Erfolg. Nach Ansicht der Kammer war die Entziehung des Pflichtteils im Erbvertrag bereits aus formalen Gründen unwirksam. Um zu verhindern, dass nachträglich weitere Gründe nachgeschoben werden, müsse das maßgebliche Fehlverhalten des Erben bereits im Testament eindeutig geschildert sein. Hier sei aber gerade nicht festgehalten worden, welche Hintergründe zu der Ausein­an­der­setzung geführt und welche Folgen dies gehabt habe.

Körper­ver­letzung rechtfertige nicht zwingend eine Pflicht­teils­ent­ziehung

Da der Streit im Gerichts­ver­fahren zudem nicht aufgeklärt werden konnte, bleibe es denkbar, dass sich die Körper­ver­letzung bei einem spontanen Streit oder im Affekt zugetragen habe. Dies rechtfertige nicht zwingend eine Pflicht­teils­ent­ziehung, denn nur ein schweres Vergehen gegen den Erblasser könne zum Verlust des Pflichtteils führen. Ein solches schweres Vergehen gegen die Mutter hätte der bedachte Verein aber nachweisen müssen.

Gericht vermutet anderen Hauptgrund für die Pflicht­teil­ent­ziehung

Es sei zudem zu vermuten, dass der angebliche Vorfall aus 1996 nicht der Hauptgrund für die Pflicht­teil­ent­ziehung gewesen sei. Es sei, so das Gericht, eher davon auszugehen, dass die Eltern mit dem Lebenswandel ihres Sohnes nicht mehr einverstanden gewesen seien. Dies rechtfertige es jedoch nicht, dem Sohn seinen verfas­sungs­rechtlich geschützten Pflichtteil in Höhe der Hälfte des Erbes zu entziehen.

Quelle: Landgericht Frankenthal, ra-online (pm/aw)

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