23.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss20.07.2017

Krankenkasse kann Exklu­siv­verträge über Gripp­e­impf­stoffe nicht kündigenGeset­ze­s­än­derung im Jahre 2017 gilt nicht für Altverträge

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat in einem einstweiligen Rechts­schutz­verfahren entschieden, dass bestehende Exklu­siv­verträge über Gripp­e­impf­stoffe von den Krankenkassen nicht wirksam gekündigt werden können. Dies gelte auch nach einer Geset­ze­s­än­derung im Jahre 2017.

Zugrunde lag der Fall eines Hannoveraner Pharma­her­stellers, der mit 11 Krankenkassen Rabattverträge über Gripp­e­impf­stoffe für den nächsten und übernächsten Winter geschlossen hatte. Als Gegenleistung für den Rabatt verpflichteten sich die Kassen zur ausschließ­lichen Versorgung ihrer Versicherten mit den Medikamenten des Herstellers. Möglich waren solche Exklu­siv­verträge erst seit dem Jahr 2015 durch eine gesetzliche Neuregelung (§ 132 e Abs. 2 SGB V), nach deren Grundgedanke der niedrigere Preis durch höheren Umsatz ausgeglichen werden sollte. Nachdem diese Norm jedoch durch den Gesetzgeber 2017 ersatzlos zurückgenommen wurde, kündigten die Kassen die Verträge mit dem Hersteller und schlossen neue Rabattverträge mit Apothe­ker­ver­bänden. Nach ihrer Ansicht würde ab 2017 die Exklusivität aller Verträge entfallen; diese Auffassung habe auch das Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­terium (BMG) in einem Rundschreiben vertreten. Demgegenüber hatte sich der Hersteller auf den Standpunkt gestellt, dass neues Recht nicht in alte Verträge eingreife. Die Angelegenheit sei eilbedürftig, da Impfstoffe saisonal produziert würden und nur begrenzt haltbar seien. Es drohe ein Schaden bis zu 1,8 Mio. Euro.

Eingriff in laufende Verträge von Gesetzgeber nicht geregelt

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen bestätigte diese Auffassung im Ergebnis. Es stützte seine Entscheidung auf das verfas­sungs­rechtliche Institut der echten und unechten Rückwirkung, den Grundsatz des Vertrau­ens­schutzes und das Verhält­nis­mä­ßig­keits­prinzip. Der Gesetzgeber habe keinen Eingriff in laufende Verträge geregelt, da er sich der Rückwir­kungs­pro­blematik bewusst gewesen sei und in den Geset­zes­ma­te­rialien lediglich ausgeführt habe: "Bestehende Rabattverträge können nicht verlängert werden." Die gegenteilige Interpretation des BMG sei rechtlich unerheblich, da sie nicht in das legislative Verfahren eingeflossen sei.

Zu möglichen Schaden­s­er­satz­ansprüchen aufgrund der konkurrierenden Neuverträge mit den Apothe­ker­ver­bänden hat sich das Landes­so­zi­al­gericht mangels eigener Zuständigkeit nicht geäußert.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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