18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss16.07.2012

Sofortiger Entzug der Dialy­se­ge­neh­migung bei voraussichtlich fehlender ärztlicher Eignung rechtmäßigRecht der Patienten auf körperliche Unversehrtheit hat Vorrang vor wirtschaft­licher Existenz­be­drohung des Arztes durch Widerruf der Genehmigung

Einem Arzt kann die Genehmigung für die Durchführung von Dialy­se­be­hand­lungen mit sofortiger Wirkung entzogen werden, wenn jetzigen und künftigen Patienten aufgrund der fachlichen Ungeeignetheit des Arztes konkret Gesund­heits­schäden drohen. Dies entschied das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen.

Im vorliegenden Fall war der Arzt als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie (die Nieren betreffend) zur vertrag­s­ärzt­lichen Versorgung zugelassen. Darüber hinaus hatte er die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Dialy­se­leis­tungen. Bei einer Überprüfung der Dialysepraxis hatte die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) kritisiert, dass der Arzt auch Patienten mit dem Dialy­se­ver­fahren behandelt, bei denen dieses gar nicht notwendig und daher gesund­heits­schädlich sei. Die Notwendigkeit sei vor allem an einem bestimmten Laborwert (Kreartinin-Clearance-Wert) abzulesen. Die KVN hatte daraufhin die Genehmigung des Nephrologen zur Durchführung der Dialy­se­be­handlung mit sofortiger Wirkung widerrufen.

Sozialgericht bestätigt Widerruf der Genehmigung zur Durchführung von Dialy­se­be­hand­lungen

Das Sozialgericht Hannover hat im Rahmen eines Eilverfahrens die sofortige Wirkung des Widerrufs für die Patientengruppe bestätigt, die Laborwerte über dem fraglichen Wert aufwiesen und damit voraussichtlich gar keine Dialyse benötigten. Für die anderen Patienten hat es die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Widerruf der Genehmigung angeordnet und damit dem Arzt ermöglicht, die restlichen Patienten vorläufig weiter zu behandeln.

Patienten drohen bei weiterer Behandlung durch Arzt konkrete Gesund­heits­ge­fahren

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat auf die Beschwerde der KVN den Beschluss des Sozialgerichts Hannover geändert und im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens bestätigt, dass der sofortige Vollzug des Widerrufes der Genehmigung rechtmäßig ist. Der Sofortvollzug des Widerrufs habe zwar voraussichtlich zur Folge, dass der Arzt - selbst wenn er in dem noch durch­zu­füh­renden Klageverfahren gewinnen sollte - die Praxis wirtschaftlich wahrscheinlich nicht mehr weiter führen könne. Ihm werde zwar nur die Genehmigung zur Dialy­se­be­handlung entzogen, er könne daher grundsätzlich vertrag­s­ärztlich weiterbehandeln, aber durch die bisherige Spezialisierung auf die Dialyse verbleibe ihm nur ein geringer Tätig­keits­bereich, der es vermutlich nicht ermöglichen werde, die Praxis aufrecht zu erhalten. Hier sei das Recht der Patienten auf körperliche Unversehrtheit vorrangig, da zur Überzeugung des Senates feststehe, dass den jetzigen und zukünftigen Patienten des Nephrologen bei Behandlung durch diesen Arzt konkrete Gesund­heits­ge­fahren drohen. Dieser kenne nach der gegenwärtig erkennbaren Sachlage die Voraussetzungen zur Durchführung der Dialyse nicht vollständig.

Versor­gungs­engpass für Patienten durch Widerruf der Genehmigung nicht zu befürchten

Das Landes­so­zi­al­gericht führte weiter aus, dass der Arzt zeige, dass er sich auch zukünftig nicht an die vertrag­s­ärzt­lichen Vorschriften halten werde. Er versuche, die Bedeutung der Laborwerte zu relativieren, obwohl die vertrag­s­ärzt­lichen Vorschriften vor allem auf diese Werte abstellen. Darüber hinaus lasse sein bisheriger Vortrag nicht erkennen, dass der Arzt ein Konzept für eine zukünftige sachgerechte Behandlung entwickelt habe. Dagegen seien von den Behandlungen des Arztes eine Vielzahl von Patienten betroffen, denen durch eventuelle falsche Behandlungen irreparable gesundheitliche Schäden drohen. Auch sei ein Versor­gungs­engpass durch den Widerruf der Genehmigung nicht zu befürchten. Die Patienten könnten unter Mitwirkung ihrer Krankenkassen durch andere Ärzte behandelt werden. Schließlich beruhe die wirtschaftliche Existenz­ge­fährdung auf der Entscheidung des Arztes, sich in diesem großen Umfang zu spezialisieren. Auch mildere Mittel, wie eine weitere Beratung des Arztes oder Behand­lungs­auflagen seien angesichts der grundsätzlichen Ungeeignetheit des Arztes nicht ausreichend, um die Gesundheit der Patienten zu gewährleisten.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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