15.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss02.02.2017

Zuständigkeit für Umzugskosten bei zerrütteten Familien­verhältnissenGewährung von Leistungen der Jugendhilfe durch das Sozialamt schließt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht ausnahmslos aus

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat das Jobcenter des Landkreises Northeim vorläufig verpflichtet, einer 18-jährigen Auszubildenden eine Zusicherung für einen Umzug aus der Wohnung ihrer Mutter zu gewähren. Die Zusicherung wurde ihr zuvor mit der Begründung verweigert, die junge Erwachsene habe die Kosten für die eigene Wohnung vorrangig aus Jugend­hilfe­leistungen des Sozialamtes des Landkreises Northeim zu bestreiten.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zwischen der jungen Auszubildenden und ihrer Mutter war es wiederholt zu heftigen Streitigkeiten bis hin zu gewalttätigen Ausein­an­der­set­zungen gekommen, so dass im September 2016 sogar ein Polizeieinsatz erfolgte. Die junge Antragstellerin war daher bereits mehrfach vorübergehend bei einer Freundin oder in einer Jugend­hil­fe­ein­richtung untergekommen. Die heimische Situation war wiederholt eskaliert, so dass auch die Jugendhilfe des Sozialamtes einen schnellst­mög­lichen Umzug in eine eigene Wohnung dringend empfahl. Das Jobcenter des Landkreises Northeim hatte dennoch in zwei Fällen Anträge auf Erteilung einer Zusicherung für den Umzug in eine angemessene Wohnung abgelehnt. Denn nach seiner Auffassung sei zur Sicherung des Lebens­un­terhalts der jungen Frau vorrangig das Sozialamt als Träger der Jugendhilfe zuständig. Auch eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für eine angemessene Wohnung durch das Sozialgericht Hildesheim im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wurde im Ergebnis nicht akzeptiert und stattdessen Beschwerde zum Landes­so­zi­al­gericht erhoben.

Streit unter beteiligten Leistungs­trägern darf sich nicht zu Lasten der Antragstellerin auswirken

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat dem Grunde nach den Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim bestätigt und das Jobcenter zur Übernahme der Unter­kunfts­kosten für die Dauer von zunächst sechs Monaten verpflichtet. Die Gewährung von Leistungen der Jugendhilfe durch das Sozialamt schließe nicht ausnahmslos Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende aus, da die Leistungen keine identischen Zielsetzungen hätten. Auch der Bezug von BAföG-Leistungen stehe solchen Grund­si­che­rungs­leis­tungen nicht von vornherein entgegen. Aufgrund der mehrfach eskalierten Streitigkeiten mit der Mutter sei von einer Zerrüttung der Verhältnisse in der heimischen Wohnung auszugehen. Dies stelle schwerwiegende soziale Gründe dar, die ein unverzügliches Handeln erforderten und aufgrund deren die Auszubildende nicht mehr auf die Wohnung ihrer Mutter verwiesen werden könne. Sofern das Jobcenter die eigene Zuständigkeit ablehne, so dürfe sich dieser Streit unter den beteiligten Leistungs­trägern nicht zu Lasten der Antragstellerin auswirken. Vielmehr sei die endgültige Zuständigkeit im anschließenden Erstat­tungs­streit unter den Leistungs­trägern zu klären.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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