Im zugrunde liegenden Fall machte der 1942 geborene Kläger die Übernahme von Umzugskosten durch den beklagten Grundsicherungsträger geltend. Er bezog bis Ende Dezember 2004 Sozialhilfeleistungen von der Stadt Bensheim. Im November 2004 beantragte er bei dem beklagten Grundsicherungsträger die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte forderte ihn auf, die Kosten der Unterkunft (KdU) zu senken. Die Kosten der Unterkunft würden in bisheriger Höhe nur noch bis Ende Januar 2005 übernommen. Ende Dezember 2004 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er zum 1. Februar 2005 eine kostengünstigere Wohnung in Wolfenbüttel gefunden habe. Unter Hinweis auf einen Kostenvoranschlag eines Umzugsunternehmens über 3.645,07 Euro, dem eine Entfernung zwischen der Be- und Entladestelle von 405 km zugrunde lag, meldete er seine Umzugspläne bei dem Beklagten an und bat um Bewilligung bis 20. Januar 2005, weil er dann den Auftrag an die Umzugsfirma vergeben müsse.
Nachdem die Beklagte innerhalb der Frist nicht reagierte, führte der Kläger den Umzug am 26. Januar 2005 durch und beantragte am 28. Januar 2005 beim Beklagten unter Vorlage der Rechnung eines Umzugsunternehmens über 3.705,10 Euro die Übernahme der Umzugskosten. Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Zur Begründung machte er vor allem geltend, es fehle an einer vorherigen Zustimmung zu den Umzugskosten.
Das Sozialgericht entschied daraufhin, dass der beklagte Grundsicherungsträger nur die notwendigen und angemessenen Kosten für den Umzug tragen. Er sei nicht grundsätzlich verpflichtet, die Kosten eines professionellen Umzugsunternehmens zu tragen. Das Landessozialgericht hat die allein vom Kläger eingelegte Berufung zurückgewiesen.
Auch das Bundessozialgericht hat nicht endgültig darüber entschieden, in welcher Höhe der Grundsicherungsträger Umzugskosten zu übernehmen hat. Die Bescheide des Beklagten wurden aufgehoben und dieser zur Neubescheidung verurteilt. Der Beklagte hätte über den Antrag des Klägers auf Erstattung der Umzugskosten gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II eine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt. Bei der noch zu treffenden Ermessensentscheidung wird der Beklagte zu beachten haben, dass dem Kläger zumindest die von den Vorinstanzen zugesprochenen 951,20 Euro zu gewähren sind, weil er selbst gegen diese Verurteilung keine Rechtsmittel eingelegt hat.
Der Anspruch des Klägers auf Übernahme der Umzugskosten durch die Beklagte scheitert aber nicht daran, dass er vor dem Umzug keine Zusicherung des örtlich zuständigen kommunalen Trägers erhalten hatte. Die vorherige Zusicherung war hier ausnahmsweise nicht erforderlich, weil der Träger die Entscheidung in treuwidriger Weise verzögert hat. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass der Beklagte den Kläger unter Druck gesetzt hat, bereits zum 1. Februar 2005 die Kosten seiner bisherigen Unterkunft in erheblichem Umfang zu senken, obwohl hierfür eine Rechtsgrundlage nicht zu erkennen ist.
Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf Übernahme der von ihm konkret veranlassten Kosten (gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II), weil der Umzug vom Beklagten weder genehmigt worden ist, noch überhaupt genehmigungsfähig war. Der Umzug wäre nur dann genehmigungsfähig gewesen, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft oder zur Eingliederung in Arbeit geboten gewesen wäre. Dies war hier schon deshalb nicht der Fall, weil keine Gründe festgestellt sind, die einen Umzug von Bensheim nach Braunschweig über eine Distanz von ca. 400 km rechtfertigen.
Folglich kam nur eine Kostenerstattung für einen sonstigen Umzug gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II in Betracht. Die Entscheidung über das Ob und das Wie eines solchen Umzugs steht im Ermessen des Trägers, wobei als Ermessensgesichtspunkte auch die Überlegungen heranzuziehen sind, die bei der Prüfung der "Angemessenheit" der Umzugskosten eines genehmigungsfähigen Umzugs maßgebend wären. Insbesondere besteht bei Umzügen im Regelungsbereich des SGB II eine Obliegenheit, die Kosten eines Umzugs möglichst gering zu halten. Dieser ist daher im Regelfall selbstorganisiert durchzuführen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Hilfskräften und Mietwagen. Lediglich in Ausnahmefällen (Alter, Behinderung, Vorhandensein von Kleinkindern etc.) kommt die Übernahme der Kosten eines professionellen Umzugsunternehmens in Betracht.
§ 22 SGB II
(1) Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
(2) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. (3) Wohnungsbeschaffungskosten sowie Mietkautionen und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den kommunalen Träger übernommen werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.05.2010
Quelle: ra-online, Bundessozialgericht