18.10.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss27.06.2017

Grundsicherungs­leistungen: Jobcenter muss nicht bei Schein­ge­schäften zahlenZinslos abrufbare Darle­hens­beträge aus "privatem Darlehens-Nothilfevertrag" sind als verdeckte Schenkung zu bewerten

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat in einem einstweiligen Rechts­schutz­verfahren vorläufig entschieden, dass keine Hilfe­be­dürf­tigkeit bei Grund­sicherungs­empfängern besteht, die familiären Unterhalt als Darlehen beziehen.

Im zugrunde liegenden Verfahren ging es um eine vierköpfige Familie aus dem Landkreis Peine, die einen Klempnerbetrieb als Famili­en­un­ter­nehmen führt und ergänzende Grund­si­che­rungs­leis­tungen bezieht. Der Familienvater hatte mit seiner Mutter, einer Mitinhaberin des Betriebs, einen "privaten Darlehens-Nothilfevertrag" abgeschlossen. Er konnte ohne Kredit­si­cher­heiten nach Bedarf zinslose und scheinbar unbegrenzte Darle­hens­beträge abrufen. Die Tilgung sollte nach Leistungs­fä­higkeit und ohne verbindliche Termine erfolgen.

Jobcenter bewertet Zahlungen als verdeckte Schenkung

Das Jobcenter hatte die Zahlungen als verdeckte Schenkung bewertet und eine Hilfe­be­dürf­tigkeit insgesamt verneint. Demgegenüber ist das Sozialgericht Braunschweig in erster Instanz von einer glaubhaften Rückzah­lungs­pflicht ausgegangen, da aus den Kontoauszügen wiederholte Zahlungen an die Mutter ersichtlich waren.

LSG bewertet Darle­hens­vertrag zumindest teilweise als Scheingeschäft

Im Beschwer­de­ver­fahren hatte sich das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen überwiegend der Auffassung des Jobcenters angeschlossen. Das Gericht hatte die vollständigen Kontoauszüge der vergangenen vier Jahre beigezogen und ermittelt, dass in dieser Zeit ca. 58.000 Euro ausgezahlt wurden und nur ca. 29.000 Euro zurückgezahlt wurden. Es hat den Darle­hens­vertrag zumindest teilweise als Scheingeschäft bewertet. Zwar seien Darlehens- bzw. Tilgungsbeträge unregelmäßig und in unter­schied­licher Höhe hin- und herüberwiesen worden, jedoch bestünden keine durchsetzbaren Rückzah­lungs­pflichten. So seien weder die Darlehens- noch die Vertrags­laufzeit fest geregelt, es seien keine Sicherheiten vorhanden und keine Zinsen zu zahlen. Für ein Scheingeschäft spreche auch, dass der Vertrag erst nach der Auszahlung des ersten Darle­hens­be­trages abgeschlossen wurde. Zudem hätten einzelne Rückzahlungen über den erhaltenen Auszahlungen gelegen. Als Ergebnis einer Schätzung hat das Gericht nur einen deutlich reduzierten Hilfebedarf (180 Euro/Monat) angenommen und die endgültige Klärung dem Haupt­sa­che­ver­fahren vorbehalten. Hierbei hat es zugleich strafrechtliche Konsequenzen von Falschangaben und Scheinverträgen aufgezeigt.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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