15.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil22.05.2014

Kürzung der Altersrente aufgrund Versorgungs­aus­gleichs bei Vorliegen eines wirksamen gegenseitigen Unter­halts­ver­zichts rechtmäßigVoraussetzungen zur Regelung von Härten im Versorgungs­aus­gleich nicht erfüllt

Das Landes­o­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass ein Anspruch auf Gewährung einer Altersrente ohne Kürzung aufgrund eines Versorgungs­aus­gleichs nicht besteht, wenn ein wirksamer gegenseitiger Unter­halts­verzicht vorliegt. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungs­aus­gleich (VAHRG) in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung sind dann nicht erfüllt.

Dem Verfahren lag der Fall eines 1941 geborenen Klägers zugrunde, der rechtskräftig im Jahre 2000 von seiner 1948 geborenen Ehefrau geschieden wurde. Im Rahmen der Entscheidung zum Versorgungsausgleich wurden für die mit September 1969 beginnende Ehezeit Rente­n­an­wart­schaften des Klägers auf das Versi­che­rungskonto seiner geschiedenen Frau übertragen. Mit einer notariell beglaubigten Erklärung verzichteten der Kläger und seine geschiedene Ehefrau ab Rechtskraft der Scheidung gegenseitig auf Unterhalt und Unter­halts­beitrag für die Vergangenheit und Zukunft. Im Falle von unverschuldeter Arbeits­lo­sigkeit, Erwer­b­s­un­fä­higkeit wegen Krankheit und unverschuldeter Reduzierung ihrer Gesamteinkünfte um mindestens 20 % sollte ein Unter­halts­an­spruch der geschiedenen Ehefrau wieder aufleben. Im Zeitpunkt der Erklärung erzielte sie in Einkommen in Höhe von 2.100 DM netto monatlich. Gegen Zahlung eines Betrages von 77.000 DM übertrug die geschiedene Ehefrau ihren hälftigen Mitei­gen­tums­anteil an einem gemeinsamen Grundstück auf den Kläger.

Entgeltpunkte werden bei Berechnung der an den Kläger gezahlten Altersrente nicht berücksichtigt

Bei der Berechnung der ab Dezember 2006 an den Kläger gezahlten Altersrente wurden die aufgrund des Versor­gungs­aus­gleichs an seine Ehefrau übertragenen Entgeltpunkte nicht berücksichtigt.

Voraussetzungen für die Zahlung einer nicht gekürzten Rente aufgrund des Versor­gungs­au­gleichs liegen nicht vor

Den im November 2007 gestellten Antrag des Klägers auf Zahlung einer nicht im Rahmen des Versor­gungs­aus­gleichs gekürzten Rente lehnte die Beklagte ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Voraussetzungen für die Zahlung einer nicht aufgrund Versor­gungs­au­gleichs gekürzten Rente gemäß § 5 VAHRG nicht vorlägen. Die geschiedene Ehefrau als Berechtigte habe mit einer notariell beglaubigten Erklärung auf Unterhalt verzichtet. Es läge keine wesentliche Veränderung der Einkom­mens­ver­hältnisse vor, die geeignet wäre, einen Unter­halts­an­spruch zu begründen.

Zahlung eines Geldbetrags als Gegenleistung für die Übertragung des Mitei­gen­tums­anteils stellt keine Unter­halts­ab­findung dar

Die Beklagte lehnte einen im Jahr 2008 von dem Kläger gestellten Antrag auf Rücknahme der Entscheidung ab und wurde vom Sozialgericht bestätigt. Dieses sah ebenfalls die Voraussetzungen des § 5 VAHRG als nicht gegeben an und führte weiter aus, dass der Kläger insbesondere auch durch die Zahlung der 77.000 DM als Gegenleistung für die Übertragung des Mitei­gen­tums­anteils seiner geschiedenen Ehefrau an dem gemeinsamen Grundstück auf ihn keine Unter­halts­ab­findung geleistet habe.

Gegenseitiger Unter­halts­verzicht wurde ausdrücklich und wirksam notariell erklärt

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und ausgeführt, dass die Regelung des § 5 Abs. 1 VAHRG hier anwendbar sei. Zwar sei das VAHRG mit dem 1. September 2009 durch das Gesetz über den Versor­gungs­aus­gleich (VersAusglG) abgelöst worden, es sei jedoch weiter anwendbar wenn der Antrag - wie hier - vor dem 1. September 2009 eingegangen sei. Das Sozialgericht habe zutreffend das Vorliegen der tatbe­stand­lichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 VAHRG verneint. Diese wären nur dann erfüllt, wenn die geschiedene Ehefrau als Berechtigte im streit­ge­gen­ständ­lichen Zeitraum aus dem im Versor­gungs­aus­gleich erworbenen Anrecht keine Rente erhalten könne und sie gegen den Kläger als Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt habe oder nur deshalb nicht habe, weil er zur Unter­halts­leistung wegen der auf dem Versor­gungs­aus­gleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außerstande sei. Ein wirksamer gegenseitiger Unterhaltsverzicht sei notariell ausdrücklich erklärt worden. Erhebliche Gründe im Sinne einer unangemessenen Benachteiligung o.ä. die gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung sprächen, seien nicht ersichtlich. Der notariell als einziger Fall eines Nichtgeltens des Unter­halts­ver­zichts zugunsten der geschiedenen Ehefrau vorgesehene Lebens­sach­verhalt einer Arbeits­lo­sigkeit oder dauerhaften Arbeits­un­fä­higkeit einschließlich Einkom­mens­verlusts von mindestsens 20 %, sei nicht eingetreten.

Hinweise auf Zahlung von Unterhalt in Form einer einmaligen Abfindung nicht festzustellen

Weiterhin führte das Landes­so­zi­al­gericht aus, dass nicht festzustellen sei, dass der Kläger in Abweichung von dem ausdrücklichen Unter­halts­verzicht Unterhalt an seine geschiedene Ehefrau in Form einer einmaligen Abfindung gezahlt habe, bzw. dass eine solche Unter­hals­ver­pflichtung von den Parteien gewollt gewesen sei. Dies gelte insbesondere für die Zahlung der 77.000 DM für den Mitei­gen­tums­anteil an dem gemeinsamen Grundstück.

§ 5 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versor­gungs­aus­gleich (VAHRG) in der Fassung bis zum 31.08.2009 zitiert nach juris:

Erläuterungen
(1) Solange der Berechtigte aus dem im Versor­gungs­aus­gleich erworbenen Anrecht keine Rente erhalten kann und er gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat oder nur deshalb nicht hat, weil der Verpflichtete zur Unter­halts­leistung wegen der auf dem Versor­gungs­aus­gleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außerstande ist, wird die Versorgung des Verpflichteten nicht auf Grund des Versor­gungs­aus­gleichs gekürzt.

(2) [...]

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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