15.11.2024
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Dokument-Nr. 2509

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Bundesverfassungsgericht Beschluss02.05.2006

Früherer Versor­gungs­aus­gleich war verfas­sungs­widrigFrauen wurden bei Scheidungen benachteiligt

Gegenstand einer Verfas­sungs­be­schwerde der 1994 geschiedenen Beschwer­de­führerin war die Durchführung des Versor­gungs­aus­gleichs unter Anwendung der alten Fassung der Tabellen der Barwert-Verordnung (Fassung vom 22. Mai 1984). Die Verfas­sungs­be­schwerde war erfolgreich. Das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hob die angegriffene Entscheidung auf, da die Anwendung der alten Fassung der Tabellen der Barwert-Verordnung dazu geführt habe, dass das in der Verfassung verankerte Ziel einer gleichen Aufteilung des Erworbenen zwischen den Eheleuten verfehlt worden sei.

Die 1970 geschlossene Ehe der Beschwer­de­führerin wurde im Jahr 1994 geschieden. Die Beschwer­de­führerin arbeitete als verbeamtete Lehrerin. Sie wurde noch während der Ehezeit wegen Dienst­un­fä­higkeit in den Vorruhestand versetzt und bezieht seitdem Ruhege­halts­bezüge, zuletzt in Höhe von monatlich 2.949, 53 DM. Ihr zwischen­zeitlich verstorbener geschiedener Ehemann arbeitete als Angestellter. Er wurde nach der Ehezeit wegen Erwer­b­s­un­fä­higkeit verrentet und erhielt eine Erwer­b­s­un­fä­hig­keitsrente in Höhe von monatlich 2.978, 19 DM sowie eine betriebliche Invalidenrente in Höhe von monatlich 2.341 DM. Das Amtsgericht regelte im Schei­dungs­ver­fahren den Versor­gungs­aus­gleich dahingehend, dass es zu Lasten der Versor­gungs­ansprüche der Beschwer­de­führerin Anwartschaften auf dem Rentenkonto des Ehemannes in Höhe von 449, 21 DM begründete. Dabei ging das Gericht unter Anwendung der alten Fassung der Tabellen der Barwert-Verordnung davon aus, dass die Beschwer­de­führerin Anwartschaften in Höhe von 2.949, 53 DM und der Ehemann solche im Wert von 1.609, 79 DM erworben habe. Diese Entscheidung wurde vom Oberlan­des­gericht bestätigt. Die hiergegen gerichtete Verfas­sungs­be­schwerde war erfolgreich.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Aus Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG folgt der Grundsatz der gleichen Berechtigung am in der Ehe erworbenen Vermögen. Daher hat eine gerichtliche Entscheidung über den Versor­gungs­aus­gleich die ehezeit­be­zogenen Versor­gungswerte so gleichmäßig zwischen den Eheleuten aufzuteilen, dass jeder Ehegatte die Hälfte der in der Ehezeit erworbenen Vermögenswerte erhält. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 33 Abs. 5 GG, da sie über diesen Halbtei­lungs­grundsatz hinaus auf die Anrechte der Beschwer­de­führerin aus der Beamten­ver­sorgung zugreifen.

Die Anwendung der alten Fassung der Tabellen der Barwert-Verordnung führte dazu, dass das Ziel einer gleichen Aufteilung des Erworbenen verfehlt wurde. In der Literatur wurde kritisiert, dass der Barwert-Verordnung unzutreffende Daten über die Sterbe­wahr­schein­lichkeit zu Grunde liegen, so dass von einer geringeren Lebenserwartung als der tatsächlich gegebenen Leistungsdauer ausgegangen wird. Dies habe zur Folge, dass der sich nach der Umwertung rechnerisch ergebende Betrag, der das für die Finanzierung des Anrechts notwendige Kapital darstellen soll, zu niedrig sei. Der Bundes­ge­richtshof ist in seiner Entscheidung vom 5. September 2001 dieser Kritik gefolgt und hat die Anwendung der Barwert-Verordnung im Kern nur noch für eine Übergangszeit für hinnehmbar erachtet. Der Normgeber hat hierauf reagiert und die Tabellen der Barwert-Verordnung anhand der neuesten biometrischen Daten aktualisiert (Zweite Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26. März 2003). Einer weiteren Überprüfung des Befundes, dass die alten Tabellenwerte der Barwert-Verordnung unzutreffend waren und ihre Anwendung zu einer Unterbewertung des Anrechts führte, bedarf es angesichts des Umstandes, dass der Verord­nungsgeber auf die geäußerte Kritik hin die Barwerte novelliert hat, sich dabei auf im Jahre 1998 erstellte Rechnungs­grundlagen gestützt hat und hierdurch zu wesentlich höheren Multiplikatoren in den Tabellen zur Barwert-Verordnung gelangt ist, nicht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 48/2006 des BVerfG vom 02.05.2006

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