15.11.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 11893

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Urteil29.06.2011BundesgerichtshofXII ZR 157/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRB 2011, 329Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB), Jahrgang: 2011, Seite: 329
  • FamRZ 2011, 1721Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2011, Seite: 1721
  • JurBüro 2012, 108Zeitschrift: Das juristische Büro (JurBüro), Jahrgang: 2012, Seite: 108
  • MDR 2011, 1234Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2011, Seite: 1234
  • NJW 2011, 3645Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2011, Seite: 3645
  • NJW-Spezial 2011, 709Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2011, Seite: 709
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Hamburg, Urteil13.07.2007, 285 F 258/06
  • Oberlandesgericht Hamburg, Urteil03.09.2009, 2 UF 90/07
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil29.06.2011

Altersunterhalt – BGH zur nachträglichen Begrenzung und Befristung bestehender UnterhaltstitelBegrenzung und Befristung bestehender Unterhaltstitel nach Erreichen des Rentenalters vereinfacht

Der Bundes­ge­richtshof hatte über die Frage zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein vor langer Zeit zwischen den geschiedenen Ehegatten vereinbarter Unter­halts­an­spruch nach Erreichen des Rentenalters noch begrenzt und/oder zeitlich befristet werden kann.

Im zugrunde liegenden Fall schlossen die Parteien im Jahre 1968 die kinderlos gebliebene Ehe. Der Ehemann war als Arzt, später als Chefarzt tätig. Die Ehefrau war bis 1970 als technische Assistentin beschäftigt und führte danach den ehelichen Haushalt. Im Jahr 1980 trennten sich die Ehegatten. Von Juni 1981 an war die Ehefrau erneut als technische Assistentin (halbtags) beschäftigt; im Oktober 1983 gebar sie ein nicht vom Ehemann abstammendes Kind. Nach der Geburt war die Ehefrau nicht mehr berufstätig, sondern kümmerte sich um die Erziehung ihres Kindes.

Ehemann verpflichtet sich zur Zahlung nachehelichen Unterhalts

Vor dem Familiengericht verpflichtete sich der Ehemann im Schei­dungs­termin am 20. Juni 1985 zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts von monatlich 3.500 DM (= 1.789,52 Euro) an die im Zeitpunkt der Scheidung 43jährige Ehefrau.

Ehemann verlangt Herabsetzung und zeitliche Befristung des Unter­halts­betrags

Nachdem die Ehefrau im Jahre 2006 das allgemeine Rentenalter erreicht hatte, hat der Ehemann Abände­rungsklage erhoben, zuletzt mit dem Begehren, den inzwischen als Altersunterhalt zu quali­fi­zie­renden Unter­halts­betrag sowohl herabzusetzen als auch zeitlich zu befristen. Das Familiengericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlan­des­gericht dem Herab­set­zungs­be­gehren teilweise stattgegeben und das Befris­tungs­ver­langen zurückgewiesen.

Revision des Ehemanns erfolgreich

Sowohl hinsichtlich einer weitergehenden Herabsetzung als auch hinsichtlich einer möglichen Befristung des nach der Herabsetzung ggf. noch verbleibenden Unter­halts­be­trages hatte die Revision des Ehemanns Erfolg.

Während der Ehe entstandene Nachteile vollständig durch Versor­gungs­aus­gleich ausgeglichen

Für den Zeitraum August 2006 bis 31. Dezember 2007 richtet sich die Frage der Herabsetzung des Unterhalts bereits nach altem Recht (§ 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF*; jetzt § 1578 b Abs. 1 BGB**). Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die dort vorgesehene Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf bedeute, dass nur noch der Bedarf abgedeckt werde, den der Unter­halts­pflichtige ohne die Ehe zum jetzigen Zeitpunkt aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Hat der Unter­halts­be­rechtigte das Rentenalter erreicht, komme es darauf an, ob die tatsächlich erzielten Alterseinkünfte hinter denjenigen zurückbleiben, die er ohne die ehebedingte Einschränkung seiner Berufstätigkeit an Alterseinkommen hätte erwerben können. Im vorliegenden Fall seien die während der Ehe entstandenen Nachteile vollständig durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen. Die nach der Ehe erlittenen weiteren Einbußen seien unabhängig von der Ehe eingetreten, da diese auf der Geburt und Betreuung eines außerehelichen Kindes beruhten. Bei hinweggedachter Ehe stünde der Ehefrau daher kein höheres als das tatsächlich vorhandene Alterseinkommen zur Verfügung. Der angemessene Lebensbedarf sei somit vollständig durch die vorhandenen Alterseinkünfte gedeckt, so dass der noch zu zahlende Unterhalt maximal bis auf Null herabgesetzt werden könne. Hierüber müsse das Berufungs­gericht nach Billig­keits­ge­sichts­punkten erneut entscheiden, wobei auch eine teilweise oder stufenweise Herabsetzung möglich sei.

Befristung des Unterhalts wegen Alters möglich

Sollte nach der Herabsetzung ein Restunterhalt verbleiben, sei für die Zeit ab 1. Januar 2008 auch die Frage der Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB zu prüfen. Nach dieser am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Vorschrift komme – anders als nach der Vorgän­ger­vor­schrift des § 1573 Abs. 5 BGB a F – u. a. auch eine Befristung des Unterhalts wegen Alters in Betracht.

Vertrauen in Fortbestand des Unterhalts nicht generell geschützt

Eine Anpassung der Unter­halts­re­gelung an die neue Rechtslage sei nach § 36 Nr. 1 EGZPO*** zumutbar, wenn kein schützenswertes Vertrauen des Unter­halts­be­rech­tigten entgegenstehe. Schutzwürdig sei das Vertrauen sowohl eines Unter­halts­be­rech­tigten als auch eines Unter­halts­ver­pflichteten, der sich auf den Fortbestand der vormals getroffenen Regelung eingestellt hat. Dabei komme es maßgebend darauf an, ob der Unter­halts­be­rechtigte im berechtigten Vertrauen auf den weiteren Fortbestand des Unter­halt­s­titels Entscheidungen getroffen wie beispielsweise eine noch abzuzahlende Investition getätigt oder einen langfristigen Mietvertrag geschlossen habe. Geschützt sei also nicht generell das Vertrauen in den Fortbestand des Unterhalts, sondern vor allem das Vertrauen als Grundlage getroffener Entscheidungen, die nicht oder nicht sogleich rückgängig zu machen sind.

Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:

Erläuterungen

*§ 1578 BGB a. F. (Maß des Unterhalts)

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebens­ver­hält­nissen. Die Bemessung des Unter­halts­an­spruchs nach den ehelichen Lebens­ver­hält­nissen kann zeitlich begrenzt und danach auf den angemessenen Lebensbedarf abgestellt werden, soweit insbesondere unter Berück­sich­tigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushalts­führung und Erwer­b­s­tä­tigkeit eine zeitlich unbegrenzte Bemessung nach Satz 1 unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unter­halts­be­rechtigte nicht nur vorübergehend ein gemein­schaft­liches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der Kindesbetreuung steht der Ehedauer gleich. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

[...]

**§ 1578 b BGB (Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit)

(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebens­ver­hält­nissen orientierte Bemessung des Unter­halts­an­spruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemein­schaft­lichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemein­schaft­lichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushalts­führung und Erwer­b­s­tä­tigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

(2) Der Unter­halts­an­spruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unter­halts­an­spruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemein­schaft­lichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unter­halts­an­spruchs können miteinander verbunden werden.

***§ 36 EGZPO

Für das Gesetz zur Änderung des Unter­halts­rechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) gelten folgende Überg­angs­vor­schriften:

Ist über den Unter­halts­an­spruch vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig entschieden, ein vollstreckbarer Titel errichtet oder eine Unter­halts­ver­ein­barung getroffen worden, sind Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unter­halts­rechts erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unter­halts­ver­pflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berück­sich­tigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

[...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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