15.11.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 101

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Urteil12.01.2005BundesgerichtshofXII ZR 238/03
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DNotZ 2005, 703Deutsche Notar-Zeitschrift (DNotZ), Jahrgang: 2005, Seite: 703
  • FamRB 2005, 126Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB), Jahrgang: 2005, Seite: 126
  • FamRZ 2005, 691Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2005, Seite: 691
  • MDR 2005, 815Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2005, Seite: 815
  • NJW 2005, 1370Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2005, Seite: 1370
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Freiburg, Urteil, 45 F 412/02
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil, 18 UF 28/03
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil12.01.2005

Zur Wirksamkeit von Eheverträgen bei kinderloser Ehe

Der Bundes­ge­richtshofs hatte über die Wirksamkeit eines Ehevertrags zu entscheiden.

Der 1942 geborene Ehemann und die 1944 geborene Ehefrau hatten 1988 geheiratet; für beide war es die zweite Ehe. Der Ehemann praktizierte bis zu seiner Erwer­b­s­un­fä­higkeit 1996 als Zahnarzt. Die Ehefrau - eine gelernte Rechts­an­walts­ge­hilfin - hatte mit ihrem ersten Ehemann zeitweilig ein Beklei­dungs­ge­schäft betrieben und schon vor der Eheschließung gegen Entgelt in der Praxis des Ehemannes kaufmännische Arbeiten übernommen. In einem vor der Heirat geschlossenen Ehevertrag vereinbarten beide Gütertrennung, schlossen den Versorgungsausgleich aus und verzichteten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt. Der Ehemann verpflichtete sich für den Fall der Scheidung, an die Ehefrau für jedes vollendete Ehejahr eine "Unter­halts­ab­findung" in Höhe von 10.000 DM, insgesamt jedoch nicht mehr als 80.000 DM, zu zahlen. Außerdem verpflichtete er sich, ab Rechtskraft der Scheidung bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs der Ehefrau für diese Beiträge zur gesetzlichen Renten­ver­si­cherung in Höhe der Arbeitnehmer- und Arbeit­ge­be­r­anteile nach einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.000 DM zu entrichten, falls die Ehefrau unverschuldet keine Erwer­b­s­tä­tigkeit ausüben könne.

Das Berufungs­gericht hatte den Ehevertrag für wirksam und das Versor­gungs­aus­gleichs­ver­langen der Ehefrau für unbegründet erachtet. Der Bundes­ge­richtshof wies die Revision der Ehefrau zurück. Der Bundes­ge­richtshof hatte bereits in einem Urteil vom 11. Februar 2004 die Grundsätze für die Wirksamkeit von Eheverträgen aufgestellt. Diese dürfen den Schutzzweck der gesetzlichen Schei­dungs­folgen nicht beliebig unterlaufen. Das wäre dann der Fall, wenn durch den Ehevertrag eine evident einseitige und von der individuellen Gestaltung der ehelichen Lebens­ver­hältnisse nicht gerechtfertigte Lasten­ver­teilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - unter angemessener Berück­sich­tigung der Belange des anderen Ehegatten - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die Vereinbarung der Ehegatten über die Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Schei­dungs­fol­gen­rechts eingreift. Dabei hat der Tatrichter zunächst - im Rahmen einer Wirksam­keits­kon­trolle - zu prüfen, ob der Ehevertrag schon im Zeitpunkt seines Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lasten­ver­teilung für den Scheidungsfall führt, daß ihm - losgelöst von der künftigen Entwicklung der Lebens­ver­hältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung mit der Folge zu versagen ist, daß an seine Stelle die gesetzlichen Regelungen treten.

Der Bundes­ge­richtshof verneinte dies für den vorliegenden Fall. Der vertragliche Ausschluss des Betreu­ungs­un­terhalts konnte dabei unberück­sichtigt bleiben, da im maßgebenden Zeitpunkt des Vertrags­schlusses mit gemeinsamen Kindern der Parteien nicht mehr zu rechnen war. Auch der Umstand, dass die Ehegatten den Altersunterhalt wegen Alters ausgeschlossen hatten, führt nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs hier nicht zu Sitten­wid­rigkeit. Die Parteien waren im Zeitpunkt der Eheschließung bereits 44 und 46 Jahre alt, mithin in einem Alter, in dem ein nicht unwesentlicher Teil der Alters­ver­sorgung üblicherweise bereits erworben ist. Die Ehefrau hatte in der Praxis des Ehemannes - gegen teilweise hohes Entgelt - mitgearbeitet und damit eine eigenständige Alters­ver­sorgung erworben; zudem hatte sich der Ehemann verpflichtet, für die Zeit nach einer etwaigen Scheidung den weiteren Ausbau der Alters­ver­sorgung der Ehefrau durch Zahlung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Renten­ver­si­cherung sicherzustellen. Auch der Ausschlss des Unterhalts wegen Krankheit rechtfertigt die Annahme der Sitten­wid­rigkeit nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs nicht, da der Ehemann mit dem Ehevertrag eine nacheheliche Verantwortung für die Ehefrau nicht schlechthin abbedungen, sondern lediglich auf eine Kapitalzahlung von 80.000 DM begrenzt hat. Der Unterhalt wegen Erwer­bs­lo­sigkeit gehört nicht zum Kernbereich der Schei­dungs­folgen; sein Ausschluss war hier auch deshalb unbedenklich, weil ehebedingte Nachteile der Ehefrau, die durch diesen Unterhalt im Einzelfall ausgeglichen werden können, nicht zu erwarten waren.

Die Vereinbarung des Wahlgüterstands der Gütertrennung lässt einen Ehevertrag grundsätzlich nicht sittenwidrig erscheinen. Der Ausschluss des Versor­gungs­aus­gleichs, der - ähnlich wie der Unterhalt wegen Alters - zum Kernbereich der Schei­dungs­folgen gehört, war nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs namentlich deshalb hinzunehmen, weil die Lebensplanung der Parteien vorsah, dass die Ehefrau aufgrund ihrer versi­che­rungs­pflichtigen Tätigkeit in der Praxis des Ehemannes auch in der Ehe ihre Alters­ver­sorgung weiter ausbauen konnte.

Da der Ehevertrag danach Bestand hatte, war im Rahmen einer sogenannten Ausübungs­kon­trolle zu prüfen, ob sich der Ehemann gegenüber dem Versor­gungs­aus­gleichs­be­gehren der Ehefrau nunmehr auf den - im Ehevertrag wirksam vereinbarten - Ausschluss dieser Scheidungsfolge nach Treu und Glauben berufen kann. Dies hat der Bundes­ge­richtshof bejaht, da sich die Versor­gungs­si­tuation der Ehefrau gegenüber den bei Abschluß des Ehevertrags bestehenden Verhältnissen nicht in einer Weise verändert hat, welche die Berufung des Ehemannes auf den Ehevertrag als treuwidrig erscheinen lässt.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 6/2005 des BGH vom 14.01.2005

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