21.11.2024
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Landessozialgericht Hamburg Urteil16.06.2011

Hartz IV: Im Rahmen einer Bewerbung sind Darlegungen zur Sexualität und Gefühlswelt nicht üblichJobcenter darf Unterlassen solcher Darlegungen verlangen

Macht ein Leistungs­emp­fänger von ALG II (Hartz IV) im Rahmen seiner Bewer­bungs­un­terlagen Angaben zur Sexualität und Gefühlswert, so entspricht dies nicht der Üblichkeit. Das Jobcenter darf ihn daher verpflichten, solche Angaben nicht mehr zu machen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts Hamburg hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall erließ ein Jobcenter einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt. Darin enthalten war die Verpflichtung, dass der Leistungs­emp­fänger sich mit Zeugnissen und Lebenslauf bewerben soll, ohne dass den Bewerbungen eine Mottoliste beigefügt wird. Dies hatte er nämlich zuvor getan. Die Mottoliste enthielt Angaben zu den Themen "Erholen", "Schlafen", "Gymnastik", "Zahnweh", "Grippe", "Migräne", "Sex" und "Kunst". Das Jobcenter war der Meinung, dass die Beifügung einer solchen Liste eine Einstellung verhindern solle. Der Arbeitssuchende erhob nach erfolglosem Widerspruch Klage. Das Sozialgericht Hamburg wies die Klage ab. Dagegen richtete sich seine Berufung. Er meinte, die Beifügung einer Mottoliste sei notwendig, da eine Bewerbung authentisch abzufassen sei.

Unter­las­sungs­ver­pflichtung war rechtmäßig

Das Landes­so­zi­al­gericht Hamburg entschied zu Gunsten des Jobcenters. Die Verpflichtung, der Bewerbung keine Mottoliste mehr beizufügen, sei rechtmäßig gewesen. Denn sei dem Jobcenter bewusst, dass die vom Arbeits­su­chenden verwendeten Bewer­bungs­un­terlagen nicht geeignet seien, eine Anstellung zu finden, so könne es diesbezügliche Verpflichtungen treffen. Darüber hinaus liege in der Verwendung solcher Bewer­bungs­un­terlagen eine Pflicht­ver­letzung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II.

Mottolisten im Rahmen einer Bewerbung unüblich

Es entspreche nach Ansicht des Landes­so­zi­al­ge­richts nicht der Üblichkeit eines Bewer­bungs­ver­fahrens, der Bewerbung eine Mottoliste beizufügen. Im Rahmen einer Bewerbung gehören keine Schilderungen zur Sexualität und Gefühlswelt des Bewerbenden. Dies würde mit hoher Wahrschein­lichkeit zu einem Scheitern der Bewerbung führen. Denn durch ein solches Verhalten zeige der Arbeitssuchende Desinteresse an der konkreten Tätigkeit. Die Konzentration auf die eigene Persönlichkeit werde einem potentiellen Arbeitgeber davon abhalten, eine Einstellung vorzunehmen. Eine Mottoliste habe weder einen beruflichen Bezug noch eine berufliche Relevanz. Daher gebe sie auch keinen Aufschluss über den Leistungs­wer­degang des Bewerbenden.

Quelle: Landessozialgericht Hamburg, ra-online (vt/rb)

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