22.11.2024
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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil11.10.2017

Nagel­spangen­behandlung bei eingewachsenem Zehennagel darf im Einzelfall auch von staatlich geprüftem Podologen vorgenommen werdenLSG Berlin-Brandenburg trifft Grundsatz­entscheidung zur Kostenübernahme für medizinische Fußpflege

Das Landes­so­zi­al­gericht Berlin-Brandenburg hat in einer Grundsatz­entscheidung darauf verwiesen, die Nagel­spangen­behandlung bei einem eingewachsenen Zehennagel eine ärztliche Leistung ist. Steht im Einzelfall fest, dass die Behandlung medizinisch notwendig ist und dass kein Arzt die Leistung erbringen will, liegt ein Systemmangel vor. Der Versicherte darf die Leistung dann von einem staatlich geprüften Podologen erbringen lassen und kann von der gesetzlichen Krankenkasse Koste­n­er­stattung beanspruchen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die gesetzlich kranken­ver­si­cherte Klägerin leidet im Bereich der linken Großzehe unter einem chronifiziert eingewachsenen Zehennagel. Medizinisch notwendig ist in diesem Fall die Behandlung mit einer individuell gefertigten Nagel­kor­rek­tur­spange; hierbei handelt es sich um einen aus Draht oder Kunststoff konstruierten Bügel mit Haken und Ösen, der unter dem freien Nagelrand angebracht wird und in längerer Prozedur den Nagel in seine ursprüngliche Form heben soll; nach Anlegen der Spange muss ihr Sitz wiederholt angepasst werden. Die Klägerin fand keinen Arzt, der diese Behandlung erbringen konnte oder wollte. Weder die beklagte Krankenkasse noch die zum Verfahren beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Berlin konnten einen ärztlichen Leistungs­er­bringer benennen. Daraufhin begab die Klägerin sich in die Behandlung einer medizinischen Fußpflegerin (Podologin), die die Nagel­kor­rek­tur­spange anlegte und ihren Sitz laufend regulierte.

Krankenkasse lehnt Koste­n­er­stattung ab

Eine Erstattung der Kosten für die medizinische Fußpflege lehnte die beklagte Krankenkasse ab. Weil es sich um eine ärztliche Behandlung handele, fielen die Kosten der medizinischen Fußpflege nicht der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung zur Last. Anders sei dies nur im Falle des hier nicht vorliegenden diabetischen Fußsyndroms.

Nicht möglicher Erhalt der Nagel­span­gen­be­handlung als ärztliche Leistung begründet Systemmangel

Schon das Sozialgericht Berlin gab der Klage der Versicherten statt und verpflichtete die Krankenkasse zur Koste­n­er­stattung. Die hiergegen von der Krankenkasse erhobene Berufung wurde vom Landes­so­zi­al­gericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass ein Anspruch auf Versorgung mit Leistungen der medizinischen Fußpflege nach geltendem Recht grundsätzlich nur beim diabetischen Fußsyndrom bestehe. Bei der Behandlung eingewachsener Zehennägeln einschließlich des Anlegens einer Finger- oder Zehen­na­gel­spange handele es sich dagegen nach den einschlägigen Regelungen des Kranken­ver­si­che­rungs­rechts um eine ärztliche Leistung. Dass die Nagel­span­gen­be­handlung für die Klägerin nicht als ärztliche Leistung zu erhalten gewesen sei, begründe einen Systemmangel. Dieser erlaube ausnahmsweise die Inanspruchnahme eines nichtärztlichen Leistungs­er­bringers, hier des Podologen. An der fachlichen Qualifikation von Podologen bestehe insoweit kein Zweifel. Die Berufs­be­zeichnung "Podologe" dürfe nämlich nur führen, wer eine inhaltlich genau vorgeschriebene Ausbildung in medizinischer Fußpflege sowie eine staatliche Prüfung absolviert habe. Zum Ausbil­dungs­programm gehöre gerade auch die Nagel­span­gen­be­handlung. Staatlich geprüfte Podologen seien daher in besonderem Maße fachlich qualifiziert, die von Gesetzes wegen als ärztliche Leistung beschriebene Nagel­span­gen­be­handlung sachkundig auszuüben.

Quelle: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg/ra-online

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