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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil04.09.2008
Ehefrau mit 10 prozentiger Kapitalbeteiligung an einer GmbH muss Sozialversicherungsbeiträge zahlenKeine Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen bei behaupteter Selbstständigkeit
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass Arbeitsverträge nicht danach unterschiedlich ausgelegt werden können, ob sie den Betroffenen individuell jeweils steuerlich oder sozialrechtlich nützlich bzw. günstig sind.
In jüngster Zeit wird des Öfteren von Familienunternehmen geltend gemacht, ein Angehöriger unterliege nicht der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung. Hintergrund dafür ist, dass eine zu geringe Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung befürchtet wird. Man erhofft sich nach Beitragsrückerstattungen und einer gewinnbringenden privaten Anlage dieser Gelder eine höhere private Alterssicherung.
Schriftlicher Arbeitsvertrag
Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin, eine GmbH, von den Eheleuten bereits 1978 gegründet. Seither war die Ehefrau, die mit 10 % an der GmbH beteiligt ist, als kaufmännische Leiterin der GmbH beschäftigt und zur Sozialversicherung angemeldet. Es wurde Lohnsteuer entrichtet, die auch als Betriebsausgabe verbucht wurde. Im Jahre 1996 wurde aus steuerrechtlichen Gründen zusätzlich ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen. Ihr Ehemann, der zu 90 % an der GmbH beteiligt ist, ist Geschäftsführer der GmbH. Fast 30 Jahre später (im Jahre 2004) beantragte die GmbH die Feststellung, dass die Ehefrau seit 1976 selbstständig tätig sei und deshalb nicht der Versicherungspflicht unterliege. Sie (die Ehefrau) habe u. a. ein erhebliches unternehmerisches Risiko getragen, da sie z. B. Bürgschaften für die Klägerin übernommen habe. Die beklagte Krankenkasse bestand auf der Versicherungspflicht. Das Sozialgericht wies die Klage ab.
Gericht: Ehefrau ist seit 1978 abhängig beschäftigt
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts hatte keinen Erfolg. Maßgebend bei der Abgrenzung von selbstständiger Tätigkeit zur Unternehmereigenschaft sind - auch bei Familienunternehmen - die Umstände des Einzelfalls. Der Senat kam hier zu dem Ergebnis, dass die Ehefrau seit 1978 abhängig beschäftigt ist und deshalb der Versicherungspflicht in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung) unterliegt. Bei einem derart niedrigen Kapitalanteil (10 %) sei im Regelfall ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis anzunehmen. Die Ehefrau habe Weisungen des Geschäftsführers bzw. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung aufgrund ihres geringen Kapitalanteils nicht verhindern können. Soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, der Arbeitsvertrag sei allein aus steuerrechtlichen Gründen geschlossen und "nicht gelebt" worden, weil sie z. B. - entgegen dem Arbeitsvertrag - viel zuhause gearbeitet habe, könnten die Wirkungen des Arbeitsvertrages nicht so ausgelegt werden, ob sie dem Betroffenen jeweils günstig sind (Individualnützlichkeit) oder nicht. Nach den Regelungen des Arbeitsvertrages hatte die Ehefrau keine Möglichkeit, ihre Tätigkeit unmittelbar selbst zu gestalten, sondern sie war wie eine Arbeitnehmerin in den Betrieb eingebunden. Aus der familiären Verbundenheit der Eheleute folge nichts anderes, denn diese hätten in der Regel ein gesteigertes beiderseitiges Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.09.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LSG Baden-Württemberg vom 03.09.2008
der Leitsatz
Besteht zwischen einer GmbH-Gesellschafterin, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Gesellschafterin der GmbH ist und die über einen Kapitalanteil von 10 vH verfügt, und der GmbH ein schriftlicher Arbeitsvertrag, ist die GmbH-Gesellschafterin abhängig beschäftigt. Dieser Beurteilung steht nicht die Behauptung entgegen, der Arbeitsvertrag sei allein aus steuerrechtlichen Gründen abgeschlossen und „nicht gelebt“ worden. Arbeitsverträge können nicht nach Individualnützlichkeit steuerrechtlich und sozialrechtlich unterschiedlich ausgelegt werden (Anschluss an BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -).
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