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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil29.06.2017

Schwarzarbeit und Sozia­l­ver­si­cherung: Renten­ver­si­cherung darf Beitrags­nach­forderung allein auf Ermittlungs­ergebnisse des Zolls stützenRenten­ver­si­cherung braucht nicht eigene Betriebsprüfung durchführen

Das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass sich die Renten­ver­si­cherung im Rahmen einer Betriebsprüfung allein auf Ermittlungs­ergebnisse des Zolls stützen darf, die dieser im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung gewonnen hat. Die Renten­ver­si­cherung braucht nicht selbst eine weitere eigene Betriebsprüfung durchzuführen.

Im zugrunde liegenden Fall beschäftigte ein Betrieb des Baugewerbes von Anfang 2013 bis Juni 2014 einen rumänischen Staats­an­ge­hörigen, ohne ihn zur Sozia­l­ver­si­cherung anzumelden (Stundenlohn 15 Euro). Bei einer Baustel­len­kon­trolle durch den Zoll im Februar 2014 wurde der Arbeiter angetroffen. Der Zoll prüfte die Geschäfts­un­terlagen, führte eine Schadens­be­rechnung durch und informierte die Sozialkassen.

Deutsche Renten­ver­si­cherung fordert rund 15.000 Euro Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge

Gestützt auf die Ermitt­lungs­er­gebnisse des Zolls forderte die Deutsche Renten­ver­si­cherung rund 15.000 Euro Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge von der Arbeitgeberin. Deren Widerspruch und Klage waren erfolglos. Die Firma hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass der rumänische Staats­an­ge­hörige tatsächlich selbstständig gewesen sei. Aus den Ermitt­lungs­er­geb­nissen der Zollverwaltung könne nicht auf eine abhängige Beschäftigung geschlossen werden.

Unterlassen einer eigenen Betriebsprüfung beim Arbeitgeber führt nicht zur Rechts­wid­rigkeit des Bescheides

Das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg gab der Deutschen Renten­ver­si­cherung Recht. Der rumänische Arbeiter war auf verschiedenen Baustellen der klagenden Firma eingesetzt, wurde nach Stunden entlohnt und unterlag dabei den Weisungen der der Klägerin. Er war damit abhängig beschäftigt. Das Urteil enthält grundlegende Ausführungen zu Art und Umfang der durch­zu­füh­renden Ermittlungen. Der Renten­ver­si­che­rungs­träger kann sich im Rahmen der Betriebsprüfung beim Arbeitgeber allein auf die im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung gewonnenen Ermitt­lungs­er­gebnisse der Zollverwaltung stützen. Das Unterlassen einer eigenen Betriebsprüfung beim Arbeitgeber führt als solches nicht zur Rechts­wid­rigkeit des Bescheides. Dies folgt aus den Regelungen des Schwa­rz­a­r­beits­be­kämp­fungs­ge­setzes, das eine Kooperation der Behörden und die Befugnis der Übernahme von Ermitt­lungs­er­geb­nissen vorsieht. Die Renten­ver­si­cherung durfte sich daher auf die Unterlagen des Zolls und die dort enthaltenen Geschäfts­un­terlagen der Arbeitgeberin stützen und sich auch hierauf beschränken.

Sozial­ge­setzbuch (SGB) Viertes Buch, SGB IV

§ 28 p Absatz 1 Satz 1, 4 und 5 SGB IV:

Die Träger der Renten­ver­si­cherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamt­s­o­zi­a­l­ver­si­che­rungs­beitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitrags­zah­lungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. [...] Die Prüfung umfasst auch die Entgelt­un­terlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Renten­ver­si­cherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versi­che­rungs­pflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Renten­ver­si­cherung sowie nach dem Recht der Arbeits­för­derung einschließlich der Wider­spruchs­be­scheide gegenüber den Arbeitgebern; [...]

Schwa­rz­a­r­beits­be­kämp­fungs­gesetz

§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1; Absatz 2 Satz 1 Nr. 4, Satz 3:

Die Behörden der Zollverwaltung prüfen, ob die sich aus den Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Pflichten nach § 28 a des Vierten Buches Sozial­ge­setzbuch erfüllt werden oder wurden.

Die Behörden der Zollverwaltung werden bei den Prüfungen nach Absatz 1 unterstützt von den Trägern der Renten­ver­si­cherung. [...]

Die Prüfungen können mit anderen Prüfungen der in diesem Absatz genannten Stellen verbunden werden.

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online

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