21.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
ergänzende Informationen

Landgericht Wuppertal Hinweisbeschluss05.06.2014

Eintrag in unbekanntes Internet-Branchenbuch zum Preis von jährlich 910 EUR netto begründet Sitten­wid­rigkeit wegen WuchersAuffälliges Missverhältnis zwischen Kosten und Bekanntheit des Branchenbuchs

Ein Vertrag über einen Eintrag in einem Internet-Branchenbuch zum Preis von jährlich 910 EUR netto ist wegen Sitten­wid­rigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn der Eintrag aufgrund der Unbekanntheit des Branchenbuchs wertlos ist und der Eintrag wegen einer Überrumpelung zustande gekommen ist. In einem solchen Fall liegt ein wucherähnliches Rechtsgeschäft vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Wuppertal hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien über die Wirksamkeit eines Vertrags über einen Eintrag in das Internet-Branchenbuch "Branche100.eu". Dieser sollte durch die Rücksendung eines "Branchen­ein­tra­gungs­an­trages" im Mai 2009 zustande gekommen sein. Das Amtsgericht Wuppertal hielt den Vertrag für sittenwidrig und somit unwirksam nach § 138 Abs. 1 BGB. Angesichts des Preises des Eintrags von jährlich 910 EUR netto und der Unbekanntheit des Branchenbuchs seien die Voraussetzungen eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts erfüllt gewesen. Gegen diese Entscheidung legte der Branchen­buchan­bieter Berufung ein.

Unwirksamkeit des Vertrags wegen Vorliegens eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts

Das Landgericht Wuppertal entschied gegen den Branchen­buchan­bieter. Der Vertrag sei als wucherähnliches Rechtsgeschäft anzusehen gewesen und somit wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam gewesen.

Vorliegen eines auffälligen Missver­hält­nisses zwischen Kosten des Eintrags und Bekanntheit des Branchenbuchs

Nach Auffassung des Landgerichts habe zwischen dem Preis des Eintrags von jährlich 910 EUR netto und der Bekanntheit des Internet-Branchen­ver­zeich­nisses ein auffälliges Missverhältnis bestanden. Eine Recherche des Gerichts ergab, dass das Branchenbuch "Branche100.eu" nach Eingabe der Begriffe "Branchenbuch", "Branchen­ver­zeichnis" oder "Gelbe Seiten" in die marktführenden Suchmaschinen (Google, Bing, Ask) auf den ersten fünf Sucht­ref­fer­seiten nicht erschienen sei. Vielmehr seien die Internet-Portale "gelbeseiten.de", "cylex.de" und "goyellow.de" aufgetaucht. Ein Internetnutzer stoße dagegen nicht auf das Inter­net­ver­zeichnis "branche100.eu". Somit sei der Eintrag in dem Branchenbuch wertlos und der Preis von 910 EUR netto unangemessen hoch gewesen.

Verwerfliche Gesinnung des Branchen­buchan­bieters aufgrund Überrumpelung

Dem Branchen­buchan­bieter sei nach Ansicht des Landgerichts darüber hinaus eine verwerfliche Gesinnung vorzuwerfen gewesen. Denn das Formular zum "Branchen­ein­tra­gungs­antrag" sei darauf angelegt gewesen, den Empfänger über den wahren Gegenstand des Schreibens und die mit der Rücksendung verbundenen Rechtsfolgen im Unklaren zu lassen. Es sei dem Empfänger schwergemacht worden vom Vertragsinhalt Kenntnis zu erlangen. Ein "normales" unaufgefordert zugesandtes Angebot zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass die Vorzüge eines Vertrags­schlusses herausgestellt werden. Im vorliegenden Fall sollte ein Empfänger aber überrumpelt werden.

Quelle: Landgericht Wuppertal, ra-online (vt/rb)

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