Ein 14-Jähriger (Kläger) erwarb im Geschäft des späteren Beklagten 18 Flaschen Bier zu je ,33 Liter und eine ,7-Liter-Flasche Palm Beach. Nach dem gemeinschaftlichen Konsum des Alkohols mit seinen Freunden, infolgedessen der Junge in einen nicht unerheblichen Alkoholrausch geraten war, musste er urinieren und klemmte sich beim anschließendem Verschließen des Hosenschlitzes seine Vorhaut in den Reißverschluss. Der Jugendliche wurde hierdurch erheblich verletzt, musste sich in ein Krankenhaus begeben und einer Operation unterziehen, die letztlich mit der Entfernung der Vorhaut endete und einen kurzfristigen Krankenhausaufenthalt nach sich zog.
Gezeichnet durch den herben Verlust verlangte der Jugendliche, vertreten durch seine Eltern, finanziellen Ersatz für seine Entbehrungen vom Inhaber des Ladens. Er machte ein Schmerzengeld in Höhe von mindestens 5.000 Euro geltend sowie Schadenersatz in Höhe von 150 Euro resultierend aus der Beschädigung seiner Hose, Fahrtkosten seiner Eltern ins Krankenhaus und Beschaffung von Lesestoff für den Klinikaufenthalt. Der Junge begründete seine Klage zudem damit, dass er "erhebliche Schmerzen erlitten" habe und "Nachteile in seinem künftigen Liebesleben" befürchte. Der Inhaber des Ladens müsse für den entstandenen Schaden aufkommen, argumentierten die Eltern des Jungen, weil er gegen das Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit verstoßen habe. Er hätte ihrem Sohn gar keinen Alkohol verkaufen dürfen. Der Alkoholkonsum sei ursächlich für die anschließende Verletzung geworden.
Das Landgericht wies die Klage des Jungen ab. Er habe keinen Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen fahrlässiger Körperverletzung oder nach § 823 Abs. 2 i.V.m. dem Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit. Zunächst einmal war das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Alkohol ursächlich für das Einklemmen der Vorhaut in den Reißverschluss war.
Außerdem liege die hier in Rede stehende Verletzungsfolge nicht im Schutzbereich des Gesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit. Zwar habe der Beklagte einen Verstoß gegen das JSchÖG begangen, indem er Alkohol an Personen unter 16 Jahren verkauft habe. Er habe sich damit auch einer Ordnungswidrigkeit schuldig gemacht. Jedoch könne dieses Gesetz hier nicht als Schadenersatz gewährendes Schutzgesetz zu Gunsten des Klägers herangezogen werden.
Nach herkömmlicher Auffassung sei der Zweck der Jugendschutznormen nicht nur, die Jugend vor alkoholbedingten körperlichen Schäden, sondern auch vor geistiger und sittlicher Verwahrlosung zu schützen, die häufig ihren Grund in zu früher Gewöhnung an den Genuss von Alkohol habe. Insbesondere Gefahren geistiger und sittlicher Verwahrlosung sollten vermieden werden. Der Schutzbereich des Gesetzes sei die Verhinderung von Verwahrlosungstendenzen durch zu frühzeitigen Alkoholgenuss. Unter diesen Schutzbereich falle der vorliegende Fall nicht.
Allerdings biete das Gesetz auch einen individuellen Schutz, wodurch das Erleiden von Verletzungen gerade durch den Alkoholgenuss zu verstehen sei. Hierbei müsse es sich jedoch um eine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit handeln, die typisch als Folge von Alkoholgenuss auftrete. Das sei hier aber nicht der Fall.
Das Gericht war davon überzeugt, dass ein Einklemmen der Vorhaut auch bei einem nüchternen Menschen passieren kann und folglich nicht der gesicherte Schluss zulässig sein, dass dies die Folge des Alkoholgenusses gewesen sei. Darüber hinaus handle es sich bei der eingetretenen Verletzungsfolge nicht um eine alkoholtypische, die in Folge von Enthemmung oder einem jugendlichen Leichtsinn, gesteigert durch Alkohol, eingetreten sei.
Der Kläger ging gegen die Entscheidung des Landgerichts Weiden in Berufung vor das Oberlandesgericht Nürnberg. Aber auch dies wies die Klage ab (Urteil vom 12.03.2004, 6 U 2507/03).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.01.2011
Quelle: ra-online, LG Weiden (vt/pt)