Im zugrunde liegenden Streitfall stürzte die spätere Klägerin an einem Wintertag vor dem Haus, in dem ihre Mietwohnung liegt, auf einer schnee- oder eisglatten Stelle und brach sich das Handgelenk. Sie musste daraufhin sechs Tage im Krankenhaus behandelt werden. Der Bruch wurde mit einer Titanplatte versorgt. Die Frau war der Auffassung, dass ihre Vermieterin der geschuldeten Verkehrssicherungspflicht nicht ausreichend nachgekommen sei. Ihrer Auffassung nach sei der Zugang zum Haus zum Unfallzeitpunkt nicht gefahrlos begehbar gewesen. Im Eingangsbereich habe sich aufgrund einer Senke im Boden Wasser angesammelt, das durch die herrschenden Minustemperaturen gefroren und von leichtem Schnee überdeckt gewesen sei. Die vorhandene Eisglätte sei somit für die Frau nicht zu erkennen gewesen. Die Eigentümerin hätte daher zur Vermeidung von Gefahren selbst streuen oder einen Streudienst durch die Mieter organisieren müssen. Die sei jedoch in keiner Weise geschehen.
Die Mieterin verlangte von der Vermieterin auf dem Klageweg Schmerzensgeld und Schadensersatz für den ihr entstandenen materiellen und immateriellen Schaden durch eine nur eingeschränkt mögliche Haushaltsführung und krankengymnastische Behandlungen.
Dieser Ansicht widersprach die beklagte Vermieterin. Sie war viel mehr der Ansicht, dass die Mieterin auf der Straße und nicht direkt vor der Haustür gestürzt sei. Sie erklärte, dass der Hausmeister persönlich am Unfalltag den Schnee beseitigt und den Zugang zum Haus ordnungsgemäß gestreut habe. Der geräumte und gestreute Weg sei von der Klägerin jedoch nicht genutzt worden.
Das Landgericht Waldshut-Tiengen gab der Klägerin Recht. Die Geschädigte habe Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 DM sowie Schadensersatz gehabt, da die Eigentümerin der ihr obliegenden Räum- und Streupflicht nicht ausreichend nachgekommen sei. Nach Aussage der Geschädigten und eines Zeugen bestehe kein Zweifel daran, dass sich der Unfall direkt vor der Tür und nicht auf der angrenzenden Straße ereignet hatte. Der Zugangsweg zum Haus sei zwar von größeren Schneemassen befreit, jedoch zweifelsfrei nicht ausreichend gestreut gewesen.
Die nach der städtischen Streupflicht-Satzung bestehende Verpflichtung zum Einsatz von Streumitteln in der Zeit bis 21 Uhr sei im vorliegenden Fall offensichtlich nicht erfüllt worden, da sich der Sturz bereits gegen 20 Uhr ereignet habe.
Das Gericht wies weiter darauf hin, dass die Vermieterin die ihr obliegende Streupflicht auch dann verletzt habe, wenn sie eine wirksame Überwälzung der Streupflicht auf die Mieter vorgenommen habe. Bliebe es nach der Überwälzung jedoch weitgehend der Eigeninitiative der Mieter überlassen, ob der Zugangsweg zur Haustür geräumt oder gestreut werde, treffe die Vermieterin zumindest ein Überwachungsverschulden, dass zu Begründung einer Haftung ausreiche.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.02.2011
Quelle: ra-online, Amtsgericht Waldshut-Tiengen (vt/ac)