18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.
ergänzende Informationen

Landgericht Saarbrücken Urteil01.10.2010

Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, verliert seinen Versi­che­rungs­schutzUnfallfahrer, der nicht auf die Polizei wartet, muss den entstandenen Schaden selbst bezahlen

Eine Haft­pflicht­versicherung ist leistungsfrei, wenn der Versi­che­rungs­nehmer eine vertragliche Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Sie kann den dem Unfallgegner entstandenen und von ihr regulierten Schaden von ihrem Versi­che­rungs­nehmer, der den Unfall verursacht hat, zurückverlangen. Dies entschied das Landgericht Saarbrücken.

Das Landgericht hatte als Berufungs­instanz über einen Fall zu entscheiden, in dem der Beklagte bei einem Einparkversuch ein fremdes Auto beschädigt hatte und sich daraufhin unerlaubt vom Unfallort entfernt hatte. Seine Haftpflichtversicherung ersetzte dem Halter des beschädigten Wagens die diesem entstandenen Schäden, verklagte daraufhin aber ihren Versi­che­rungs­nehmer auf Erstattung dieses Geldes. Er habe durch sein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort seine vertragliche Verpflichtung verletzt, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein könne. Daher habe er für den Schadensfall keinen Versi­che­rungs­schutz.

Leistungs­freiheit der Versicherung im Innenverhältnis zu ihrem Kunden

Das Gericht gab der Haftpflicht­ver­si­cherung Recht. Ihr stehe ein Ausgleichs­an­spruch gegen ihren Versi­che­rungs­nehmer zu, da sie im Gesamt­s­chuld­ver­hältnis den Haftpflicht­schaden des Unfallgegners vollständig reguliert habe, obwohl sie im Innenverhältnis zum Beklagten nach § 28 Abs. 2, 3 VVG leistungsfrei sei.

Unfall­be­teiligte müssen am Unfallort bleiben - sonst verlieren sie ihren Versi­che­rungs­schutz

Nach dieser Vorschrift sei der Versicherer leistungsfrei, wenn der Versi­che­rungs­nehmer eine vertragliche Obliegenheit vorsätzlich verletzt habe. Dies sei vorliegend der Fall, da der Beklagte vorsätzlich gegen seine vertragliche Aufklä­rungs­pflicht aus dem Versi­che­rungs­vertrag verstoßen habe. Dies ergebe sich aus Nr. E.1.3 S. 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraft­fahrt­ver­si­cherung (AKB). Im Fall eines Schaden­se­r­eig­nisses dürfe der Versi­che­rungs­nehmer den Unfallort nicht verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.

Gebot, nach Unfall auf Polizei zu warten, ist allgemein bekannte Pflicht

Der Beklagte habe diese ihm obliegende Wartepflicht verletzt. Er habe auch vorsätzlich gehandelt, da er die Obliegenheitsverletzung jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen habe. Das Gebot, nach einem Verkehrsunfall die Unfallaufnahme durch die Polizei an Ort und Stelle abzuwarten, stelle eine elementare, allgemeine und jedem Kraftfahrer bekannte Pflicht dar. Der Beklagte habe gewusst, dass ein Schaden­se­r­eignis vorlag, das ihn zum Abwarten verpflichtete.

Versi­che­rungs­nehmer handelte arglistig

Diese Oblie­gen­heits­ver­letzung sei auch geeignet gewesen, die Interessen der Haftpflicht­ver­si­cherung zu gefährden. Denn nach § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG sei der Versicherer trotz einer vorsätzlichen Oblie­gen­heits­ver­letzung zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versi­che­rungs­falles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungs­pflicht des Versicherers ursächlich sei. Dies gelte nicht bei Arglist, wovon hier auszugehen sei.

Wartepflicht soll dem Versicherer alle für ihn erforderlichen Feststellungen ermöglichen

Arglistig handele der Versi­che­rungs­nehmer bereits dann, wenn er sich bewusst sei, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadens­re­gu­lierung möglicherweise beeinflusse könne. Der Beklagte sei sich jedenfalls bewusst gewesen, dass durch das Verlassen der Unfallstelle eine Fahrer­fest­stellung wie auch Feststellungen zu den Unfall­fahr­zeugen und dem eingetretenen Schaden wesentlich erschwert werden konnten. Die Wartepflicht solle dem Versicherer alle erforderlichen Feststellungen ermöglichen, um seine Eintritts­pflicht zu überprüfen.

Nachträgliche Angabe können zuverlässige Unfal­lauf­klärung nicht gewährleisten - deshalb gilt die Wartepflicht

Es komme auf alles an, was zur Aufklärung des Tatbestandes oder zur Minderung des Schadens dienlich sein könne. Durch nachträgliche Angaben, deren Wahrheitsgehalt oft nicht überprüft werden könne, sei eine Aufklärung gerade nicht zuverlässig gewährleistet. Deswegen könne sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass er seinen Arbeitgeber nach der Rückkehr in die Firma über die Geschehnisse informiert habe. Seinen versi­che­rungs­ver­trag­lichen Pflichten habe der Beklagte durch diese Information gegenüber seinem Arbeitgeber nicht Genüge getan.

Quelle: ra-online, Landgericht Saarbrücken (vt/we)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil11144

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI