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- Amtsgericht Saarbrücken, Urteil31.03.2023, 37 C 221/22 (08)
- Kein Anscheinsbeweis gegen Linksabbieger bei Kollision mit entgegenkommendem Rechtsabbieger an ampelgeregelter KreuzungKammergericht Berlin, Urteil31.01.2019, 22 U 211/16
- Linksabbieger muss bei Regen und Dunkelheit auf Straße mit erhöhtem Verkehrsaufkommen nicht mit unbeleuchtetem Fahrzeug rechnenOberlandesgericht Saarbrücken, Urteil19.10.2017, 4 U 29/17
Landgericht Saarbrücken Urteil10.11.2023
Linksabbieger darf bei Sichtbehinderung nur unter besonderer Vorsicht Gegenverkehr kreuzenGeradeausverkehr darf links abbiegende Fahrzeuge rechts überholen
Ist für einen Linksabbieger die Sicht auf den Gegenverkehr durch ein anderes Fahrzeug behindert, so darf er nur unter besonderer Vorsicht den Gegenverkehr kreuzen. Zudem dürfen links abbiegende Fahrzeug rechts überholt werden. Dies hat das Landgericht Saarbrücken entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2021 kam es auf einer Kreuzung im Saarland zu einem Verkehrsunfall zwischen einem Pkw und einem Motorrad. Die Pkw-Fahrerin wollte nach links abbiegen. Zur gleichen Zeit beabsichtigte eine entgegenkommende Fahrzeugführerin aus ihrer Sicht ebenfalls nach links abzubiegen. Dieses Fahrzeug wurde vom Motorradfahrer rechts überholt. Um eine Kollision mit der Pkw-Fahrerin zu vermeiden, bremste der Motorradfahrer und rutschte in den Pkw hinein. Die Fahrerin klagte schließlich gegen Motorradfahrer und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schadensersatz.
Amtsgericht wies Schadensersatzklage ab
Das Amtsgericht Saarbrücken wies die Schadensersatzklage ab. Seiner Auffassung nach hafte die Klägerin allein für die Unfallfolgen, da sie ihre Sorgfaltspflicht aus § 9 Abs. 3 StVO missachtet habe, indem sie den Beklagten nicht habe durchfahren lassen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Klägerin.
Landgericht verneint ebenfalls Schadensersatzanspruch
Das Landgericht Saarbrücken bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Sie habe den Unfall wegen eines Verstoßes gegen § 9 Abs. 3 StVO allein verursacht. Dafür spreche der Beweis des ersten Anscheins.
Keine Erschütterung des Anscheinsbeweis wegen Sichtbehinderung
Zwar könne der Anscheinsbeweis erschüttert werden, so das Landgericht, wenn der Vorfahrtsberechtigte bei Beginn des Abbiegevorgangs für den Wartepflichtigen noch nicht sichtbar war. So lag der Fall hier aber nicht. Die Klägerin habe den Beklagten aufgrund einer Sichtbehinderung durch das ebenfalls abbiegende Fahrzeug nicht erkennen können. Dieser Fall sei nicht geeignet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Ist die Sicht auf den entgegenkommenden Verkehr ganz oder teilweise behindert, bestehe für den Abbiegenden eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Die Klägerin hätte sich langsam in den Kreuzungsbereich hineintasten müssen und hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass kein entgegenkommender Verkehr vorhanden ist.
Kein Überholen bei unklarer Verkehrslage
Dem Beklagten sei nach Ansicht des Landgerichts kein Überholen bei unklarer Verkehrslage gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO anzulasten. Es habe für den Beklagten keinen Grund gegeben, nicht darauf vertrauen zu dürfen, dass sein Vorrecht als Geradeausverkehr von abbiegewilligen kreuzenden Fahrzeugführern beachtet würde. Das links abbiegende Fahrzeug habe rechts überholt werden dürfen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.02.2024
Quelle: Landgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)
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