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- NJW-RR 2016, 354Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 354
- NZV 2016, 317Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2016, Seite: 317
- Amtsgericht St. Wendel, Urteil30.06.2015, 4 C 544/14 (55)
- Autofahrer muss beim Ein- und Aussteigen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen könnenAmtsgericht München, Urteil20.09.2013, 331 C 12987/13
- Kollision eines Pkw mit offener Autotür: Vater haftet für offen gelassene Autotür während Anschnallens seiner TochterOberlandesgericht Düsseldorf, Urteil04.03.2014, I-1 U 101/13
- Auch in verkehrsberuhigtem Bereich gilt bei Ein- und Aussteigen strenge SorgfaltsmaßstäbeLandgericht Saarbrücken, Urteil11.02.2022, 13 S 135/21
Landgericht Saarbrücken Urteil18.12.2015
Aussteigenden sowie Einparkenden trifft auf öffentlichen Parkplätzen Pflicht zur RücksichtnahmeZusammenstoß von Fahrzeugtür mit einparkenden Fahrzeug begründet regelmäßig Haftungsverteilung
Einem Aussteigenden trifft auf einem öffentlichen Parkplatz gemäß § 1 Abs. 2 StVO die Pflicht, sich vor dem Türöffnen zu vergewissern, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer durch das Türöffnen geschädigt wird. Ebenso muss der Einparkende im Rahmen seiner Rücksichtnahmepflicht aus § 1 Abs. 2 StVO vorsichtig in eine Parklücke einfahren. Kommt es zu einer Kollision zwischen einer Fahrzeugtür und einem einparkenden Fahrzeug, begründet dies in der Regel eine Haftungsverteilung. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2014 kam es auf einem Parkplatz eines Einkaufsmarktes zu einem Verkehrsunfall, als die Beifahrerin eines parkenden Fahrzeugs von innen die Tür öffnete und dabei mit einem gerade einparkenden Fahrzeug zusammenstieß. Der Halter des parkenden Fahrzeugs klagte aufgrund des Unfalls gegen die Halterin des einparkenden Fahrzeugs auf Zahlung von Schadensersatz. Diese wies eine Verantwortlichkeit für die Kollision zurück. Die Beifahrerin habe die Tür erst geöffnet, als sie bereits mit ihrem Fahrzeug in der Parklücke gestanden habe.
Amtsgericht wies Schadensersatzklage ab
Das Amtsgericht St. Wendel wies die Schadensersatzklage ab. Die Beweisaufnahme habe gezeigt, dass die Beifahrerin den Unfall durch einen Verstoß der beim Türöffnen gebotenen Sorgfalt allein verursacht habe. Der Beklagten habe ein Verkehrsverstoß nicht nachgewiesen werden können. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.
Landgericht bejaht teilweisen Schadensersatzanspruch
Das Landgericht Saarbrücken entschied zum Teil zu Gunsten des Klägers und hob daher dementsprechend die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Dem Kläger habe ein teilweiser Schadensersatzanspruch zugestanden.
Verstoß der Beifahrerin gegen Rücksichtnahmepflicht
Nach Ansicht des Landgerichts sei der Beifahrerin ein Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht gemäß § 1 Abs. 2 StVO vorzuwerfen gewesen. Ein Aussteigender auf einem öffentlichen Parkplatz müsse sich vor dem Türöffnen vergewissern, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer durch das Türöffnen geschädigt werde. Dies habe die Beifahrerin nicht beachtet. Sie hätte den rückwärtigen Verkehr notfalls über den gesamten Vorgang des Türöffnens hinweg beobachten müssen.
Kein Verkehrsverstoß der Beklagten
Der einparkenden Beklagten sei dagegen kein Verkehrsverstoß anzulasten gewesen, so das Landgericht. Zwar müsse der Einparkende nach § 1 Abs. 2 StVO auf den neben seiner Parklücke befindlichen Verkehrsteilnehmer Rücksicht nehmen. Ist mit einem Türöffnen des bereits eingeparkten Fahrzeugs zu rechnen, müsse der Einparkende noch vorsichtiger als ohnehin schon geboten in die daneben liegende Parktasche einfahren. Ein Verstoß der Beklagten gegen die gesteigerte Sorgfaltspflicht sei aber nicht nachweisbar gewesen. Es habe nach der Beweisaufnahme die Möglichkeit bestanden, dass die Beklagte bereits am parkenden Fahrzeug vorbeigefahren war als die Beifahrerin die Tür öffnete.
Haftungsverteilung von 80 % zu 20 % zu Lasten des Klägers
Trotz des fehlenden Verkehrsverstoßes der Beklagten nahm das Landgericht eine Haftungsverteilung von 80 % zu 20 % zu Lasten des Klägers an. Denn zu 20 % sei die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten zu beachten gewesen. Der Pflichtenverstoß der Beifahrerin sei nicht so schwerwiegend gewesen, das dahinter die Betriebsgefahr habe zurücktreten müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.12.2016
Quelle: Landgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)
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