18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
ergänzende Informationen

Landgericht Nürnberg-Fürth Urteil26.10.1994

Ausrutschen auf Margarine im Supermarkt - Schadensersatz für Sturz­ver­let­zungenVerkehrs­si­che­rungs­pflicht im Selbst­be­die­nungsladen - Regelmäßige Kontrolle und Reinigung des Fußbodens erforderlich

Der Inhaber eines Warenhauses mit regem Besucherverkehr muss dafür Sorge tragen, dass der Fußboden des Geschäftes regelmäßig kontrolliert und gereinigt wird. Das gilt auch und gerade in einem Selbst­be­die­nungsladen, wo es erfahrungsgemäß häufiger als sonst zu Verschmutzungen kommen kann. Unterbleiben, die notwendigen Überprüfungen, so macht sich der Ladeninhaber im Falle eines Unfalls schaden­s­er­satz­pflichtig. Dies entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth.

Im Verkaufsraum einer Lebens­mit­telkette war ein Kunde auf einem etwa 5 cm großen Fettfleck ausgerutscht und hatte sich dabei den Arm gebrochen. Der Fettfleck stammte vermutlich von einer Margarine-Packung, die ein anderer Kunde hatte fallen lassen. Die Verschmutzung war den Laden­an­ge­stellten nicht aufgefallen. Regelmäßige Kontrollen, bei denen man den Fleck hätte bemerken können, gab es im Laden nicht. Unter diesen Umständen müsse sich die Lebens­mit­telkette einen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht ankreiden lassen, befand das Landgericht Nürnberg-Fürth in zweiter und letzter Instanz. Es verurteilte daher das Unternehmen zu 3.562 DM Schadensersatz.

Reinigungspraxis

In dem Selbst­be­die­nungs­ge­schäft waren ein Filialleiter und zwei Kassiererinnen angestellt. Spezielle Reini­gungs­kräfte während der Öffnungszeiten beschäftigte das Unternehmen nicht. Der Fußboden wurde nur einmal am Tag gereinigt, und zwar jeweils abends nach Geschäfts­schluss. Bemerkten die Angestellten während der Geschäftszeit, dass der Boden verschmutzt war, so reinigten sie ihn selbst. Regelmäßige und vor allem gezielte Kontrollen fanden aber nicht statt.

Kontrollpflichten

So konnte es geschehen, dass der Fettfleck im Kassenbereich zunächst unbemerkt blieb. Wie lange er schon dort war, ließ sich nachträglich nicht mehr feststellen. Zugunsten des Verletzten gingen die Richter davon aus, dass er jedenfalls nicht mehr ganz frisch war und bei einer regelmäßigen Kontrolle entdeckt worden wäre. Eine solche regelmäßige Fußboden-Kontrolle wäre nach Auffassung der Richter unbedingt erforderlich gewesen, auch und gerade in einem Selbst­be­die­nungsladen. Wo sich Kunden selbst behelfen müssen, komme es aus Unachtsamkeit oder Ungeschick­lichkeit immer wieder zu Boden­ver­un­rei­ni­gungen, etwa durch herun­ter­ge­fallene Salatblätter, Gemüsereste, ausgelaufene Flüssigkeiten usw.

Umso wichtiger sei deshalb die regelmäßige Überprüfung des Fußbodens. Es genüge nicht, nur aus konkretem Anlass nachzuschauen. Vielmehr seien routinemäßige Kontrollgänge in angemessenen Zeitabständen notwendig. Nur so lasse sich das hohe Verlet­zungs­risiko mindern, das bei einer Fußbo­den­ver­schmutzung und der daraus folgenden Rutschgefahr drohe. Dazu brauche das Unternehmen nicht eigens eine Reinigungskraft zu beschäftigen. Es reiche aus, dass die Überwachung vom Verkaufs­personal mit übernommen werde. Sei das vorhandene Personal aber wegen des Kundenandrangs zu regelmäßigen Kontrollen nicht in der Lage, dann müsse das Unternehmen bei Bedarf eben zusätzliches Personal oder spezielle Reini­gungs­kräfte einstellen.

Mitverschulden

Auf der anderen Seite könne man auch vom Kunden erwarten, dass er auf seinen Weg achte und nicht blindlings darauf vertraue, dass schon nichts passieren werde. Im konkreten Fall hätte der Kunde bei einiger Aufmerksamkeit den Margarine-Fleck ebenfalls bemerken müssen, meinte das Gericht. Es kreidete ihm deshalb ein erhebliches Mitverschulden an.

Haftungsquote

Bei der Abwägung beider Verur­sa­chungs­beiträge bewertete das Gericht die Mitschuld der Lebens­mit­telkette doppelt so hoch wie die des Verletzten. Folgerichtig bekam der Verletzte zwei Drittel seines Schadens ersetzt, das restliche Drittel musste er selber tragen.

Erläuterungen
Das Urteil ist aus dem Jahr 1994 und erscheint im Rahmen der Reihe "Gut zu wissen"

Quelle: ra-online, Landgericht Nürnberg-Fürth (pt)

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