Im Verkaufsraum einer Lebensmittelkette war ein Kunde auf einem etwa 5 cm großen Fettfleck ausgerutscht und hatte sich dabei den Arm gebrochen. Der Fettfleck stammte vermutlich von einer Margarine-Packung, die ein anderer Kunde hatte fallen lassen. Die Verschmutzung war den Ladenangestellten nicht aufgefallen. Regelmäßige Kontrollen, bei denen man den Fleck hätte bemerken können, gab es im Laden nicht. Unter diesen Umständen müsse sich die Lebensmittelkette einen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht ankreiden lassen, befand das Landgericht Nürnberg-Fürth in zweiter und letzter Instanz. Es verurteilte daher das Unternehmen zu 3.562 DM Schadensersatz.
In dem Selbstbedienungsgeschäft waren ein Filialleiter und zwei Kassiererinnen angestellt. Spezielle Reinigungskräfte während der Öffnungszeiten beschäftigte das Unternehmen nicht. Der Fußboden wurde nur einmal am Tag gereinigt, und zwar jeweils abends nach Geschäftsschluss. Bemerkten die Angestellten während der Geschäftszeit, dass der Boden verschmutzt war, so reinigten sie ihn selbst. Regelmäßige und vor allem gezielte Kontrollen fanden aber nicht statt.
So konnte es geschehen, dass der Fettfleck im Kassenbereich zunächst unbemerkt blieb. Wie lange er schon dort war, ließ sich nachträglich nicht mehr feststellen. Zugunsten des Verletzten gingen die Richter davon aus, dass er jedenfalls nicht mehr ganz frisch war und bei einer regelmäßigen Kontrolle entdeckt worden wäre. Eine solche regelmäßige Fußboden-Kontrolle wäre nach Auffassung der Richter unbedingt erforderlich gewesen, auch und gerade in einem Selbstbedienungsladen. Wo sich Kunden selbst behelfen müssen, komme es aus Unachtsamkeit oder Ungeschicklichkeit immer wieder zu Bodenverunreinigungen, etwa durch heruntergefallene Salatblätter, Gemüsereste, ausgelaufene Flüssigkeiten usw.
Umso wichtiger sei deshalb die regelmäßige Überprüfung des Fußbodens. Es genüge nicht, nur aus konkretem Anlass nachzuschauen. Vielmehr seien routinemäßige Kontrollgänge in angemessenen Zeitabständen notwendig. Nur so lasse sich das hohe Verletzungsrisiko mindern, das bei einer Fußbodenverschmutzung und der daraus folgenden Rutschgefahr drohe. Dazu brauche das Unternehmen nicht eigens eine Reinigungskraft zu beschäftigen. Es reiche aus, dass die Überwachung vom Verkaufspersonal mit übernommen werde. Sei das vorhandene Personal aber wegen des Kundenandrangs zu regelmäßigen Kontrollen nicht in der Lage, dann müsse das Unternehmen bei Bedarf eben zusätzliches Personal oder spezielle Reinigungskräfte einstellen.
Auf der anderen Seite könne man auch vom Kunden erwarten, dass er auf seinen Weg achte und nicht blindlings darauf vertraue, dass schon nichts passieren werde. Im konkreten Fall hätte der Kunde bei einiger Aufmerksamkeit den Margarine-Fleck ebenfalls bemerken müssen, meinte das Gericht. Es kreidete ihm deshalb ein erhebliches Mitverschulden an.
Bei der Abwägung beider Verursachungsbeiträge bewertete das Gericht die Mitschuld der Lebensmittelkette doppelt so hoch wie die des Verletzten. Folgerichtig bekam der Verletzte zwei Drittel seines Schadens ersetzt, das restliche Drittel musste er selber tragen.
Erläuterungen
Das Urteil ist aus dem Jahr 1994 und erscheint im Rahmen der Reihe "Gut zu wissen"
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.09.2010
Quelle: ra-online, Landgericht Nürnberg-Fürth (pt)