03.12.2024
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Landgericht Münster Urteil07.03.2016

Tötung von männlichen Eintagsküken nicht strafbarKeine Strafbarkeit wegen Tötung eines Wirbeltiers ohne vernünftigen Grund (§ 17 Nr. 1 des Tierschutz­ge­setzes)

Die Tötung von männlichen Eintagsküken durch einen Geflügel­zucht­betreiber ist nicht gemäß § 17 Nr. 1 des Tierschutz­ge­setzes (TierSchG) strafbar. Aufgrund der jahrzehn­te­langen Straflosigkeit der Tötung, bedarf es gemäß Art. 103 Abs. 2 GG einer gesetz­ge­be­rischen Entscheidung über die Strafbarkeit. Zudem besteht ein vernünftiger Grund für die Tötung von männlichen Eintagsküken. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Münster hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall musste das Landgericht Münster über die Zulassung einer Anklage zur Haupt­ver­handlung entscheiden. Ein Geflü­gel­zucht­be­treiber wurde wegen der Tötung von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund (§ 17 Nr. 1 TierSchG) angeklagt, da er männliche Eintagsküken tötete.

Keine Strafbarkeit der Tötung männlicher Eintagskücken

Das Landgericht Münster entschied zu Gunsten des Geflü­gel­zucht­be­treibers und lehnte daher die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Der Angeschuldigte habe sich nicht wegen Tötens von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund gemäß § 17 Nr. 1 TierSchG strafbar gemacht.

Notwendigkeit einer gesetz­ge­be­rischen Entscheidung

Zwar sei das Verhalten des Geflü­gel­zucht­be­treibers vom Wortlaut der Vorschrift umfasst, so das Landgericht, jedoch sei seit Erlass des § 17 Nr. 1 TierSchG der Gesetzgeber nicht von einer Strafbarkeit der Tötung von männlichen Eintagsküken ausgegangen worden. Erst durch die Änderung der gesell­schaft­lichen Wertvor­stel­lungen werde das Verhalten missbilligt. Dies könne aber nicht dazu führen, dass Sachverhalte, die zuvor nicht als strafbar angesehen worden seien, nunmehr der Strafbarkeit unterfallen und zwar ohne dass der Gesetzgeber insoweit tätig geworden ist. Eine Änderung der straf­recht­lichen Beurteilung für einen über Jahrzehnte praktizierten Sachverhalt bedürfe aufgrund des Art. 103 Abs. 2 GG einer gesetz­ge­be­rischen Entscheidung. Insofern sei das Erfordernis der Vorher­seh­barkeit der Bestrafung für den Geflü­gel­zucht­be­treiber zu beachten.

Vorliegen eines vernünftigen Grundes

Unbeschadet der oben dargestellten Problematik vertrat das Landgericht ohnehin die Ansicht, dass es einen vernünftigen Grund für das Töten von männlichen Eintagsküken gibt. So gebe es derzeit keine wirtschaftlich sinnvolle Alternative zu der Tötung. Zudem habe der Geflü­gel­zucht­be­treiber darauf vertrauen dürfen, dass sein Handeln nicht strafbar sei. Ferner würde eine Strafbarkeit zu einem unver­hält­nis­mäßigen Eingriff in die Berufs­aus­übungs­freiheit (Art. 12 GG) führen, da ein Schuldspruch einem faktischen Berufsverbot gleichkomme. Schließlich würde bei Annahme der Strafbarkeit die Einheit der Rechtsordnung durchbrochen, weil das Töten von Eintagsküken durch deutsche und europäische Verordnungen ausdrücklich geregelt werde bzw. zulässig sei.

Quelle: Landgericht Münster, ra-online (vt/rvb)

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