18.10.2024
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Landgericht München I Urteil05.05.2022

Jahres­ab­schlüsse der Wirecard AG für Jahre 2017 und 2018 nichtigUnabhängig vom (Nicht-)Vorliegen gefälschter Salden­be­stä­ti­gungen ergibt sich die Nichtigkeit aus der Verletzung gläubiger­schützender Vorschriften

Das Landgericht München I hat die Nichtigkeit der Jahres­ab­schlüsse der Wirecard AG zum 31.12.2017 und 31.12.2018 sowie der darauf aufbauenden Gewinn­verwendungs­beschlüsse der Haupt­ver­samm­lungen festgestellt.

Dabei musste das LG nicht abschließend entscheiden, ob die Salden­be­stä­ti­gungen für Treuhandkonten bei einer asiatischen Bank tatsächlich gefälscht waren und die entsprechenden Third Party Acquiring - Geschäfte zumindest im Wesentlichen nicht stattgefunden haben, worauf sich der klagende Insolvenzverwalter berufen hatte. Nach diesem Vortrag müsste von einer Überbewertung von Aktiva ausgegangen werden, woraus sich aufgrund von § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG die Nichtigkeit ergibt.

Nichtigkeit gem. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG

Denn selbst wenn die vom ehemaligen Vorstands­vor­sit­zenden geltend gemachte Existenz dieser Gelder auf anderen Konten stimmen sollte, würde sich die Nichtigkeit der Jahres­ab­schlüsse dennoch ergeben. In diesem Fall läge ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung vor, weil die Einzahlungen der Gelder dann auf anderen Konten hätten aufgefunden werden müssen. Dadurch wären gläubi­ger­schützende Vorschriften verletzt, was gem. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG ebenfalls die Nichtigkeit der Jahres­ab­schlüsse zur Folge hat.

Auch Gewinn­ver­wen­dungs­be­schlüsse nichtig

In beiden Sachver­halts­kon­stel­la­tionen bejahte die Kammer auch die Erheblichkeit des Fehlers, weil die Überbewertung etwa 39 % bzw. 41 % der jeweiligen Bilanzsummen von knapp € 1,9 Mrd. bzw. etwas mehr als € 2,3 Mrd. ausmachte. Die Nichtigkeit der Jahres­ab­schlüsse hat aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 253 Abs. 1 Satz 1 AktG die Nichtigkeit der in den Haupt­ver­samm­lungen der Jahre 2018 und 2019 gefassten Gewinn­ver­wen­dungs­be­schlüsse zur Folge. Eine Beweisaufnahme zur Existenz der Third Party Acquiring - Geschäfte musste daher nicht stattfinden, weil der abweichende Vortrag vor allem des dem Verfahren als Streithelfer auf Seiten der Beklagten beigetretenen früheren Vorstands­vor­sit­zenden zu keinem anderen Ergebnis führte als der Vortrag des Klägers. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Landgericht München I, ra-online (pm/cc)

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