21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 29917

Drucken
ergänzende Informationen

Landgericht München I Urteil24.02.2021

Kein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Sturz im WaldVerstoß gegen die Verkehrs­si­cherungs­pflicht nicht gegeben

Das Landgericht München I hat die Klage einer Waldbesucherin gegen den Eigentümer eines Waldgrundstücks abgewiesen.

Die Klägerin nahm den Eigentümer eines Waldgrundstücks im Münchner Umland wegen Verletzung von Verkehrs­si­che­rungs­pflichten auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von insgesamt rund 40.000 EUR in Anspruch. Die Klägerin verfing sich beim Pilzesuchen in einem im Wald zurück­ge­lassenen und von Blättern überdeckten Drahtgeflecht und kam zu Fall. Bei diesem Drahtgeflecht handelte es sich (mutmaßlich) um Überreste eines ehemaligen Wildver­bisszauns. Hierbei zog die Klägerin sich eine komplizierte Fraktur des Sprunggelenks zu, unter deren Folgen sie noch heute leidet.

Keine Haftung des Waldbesitzers

Das Gericht entschied jedoch, dass der Eigentümer des Waldes nicht gegen eine ihm obliegende Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verstoßen habe. Zwar ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Eine solche Gefahr für Dritte, ging von dem im Wald zurück­ge­lassenen und mittlerweile mit Blättern überdeckten und daher für Dritte nicht ohne Weiteres erkennbaren Drahtgeflecht auch aus. Jedoch seien Inhalt und Umfang der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht im Anwen­dungs­bereich des § 14 Abs. 1 BWaldG, Art. 13 Abs. 1 BayWaldG aufgrund der durch den Gesetzgeber erfolgten Risikozuweisung einzuschränken. Dies führe dazu, dass die Haftung des Beklagten ausgeschlossen sei. Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 BWaldG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 BayWaldG verbriefe insofern das Recht eines jeden, den Wald zum Zwecke der Erholung - ohne der Zustimmung des jeweiligen Eigentümers oder anderweitig Nutzungs­be­rech­tigten des Waldgrundstücks - zu betreten, so der Richter.

Kein Unterschied zwischen Wurzel und Draht

Der Eigentümer des Waldgrundstücks habe es daher nicht in der Hand, etwaigen Gefahrenlagen bereits dadurch entge­gen­zu­wirken, dass er das Betreten des Waldgrundstücks verbiete oder einschränke. Er würde also insoweit - ohne dass dies auf seinem eigenen Willen beruhe oder er selbst hieraus einen Nutzen ziehe - aufgrund dieses gesetzlich verbrieften Betretungs-rechts für jedermann prinzipiell uneingeschränkt verkehrs­si­cherungs- und einstands­pflichtig. Daher sehe § 14 Abs. 1 S. 3 BWaldG als Korrektiv vor, dass die Benutzung des Waldes zu Erholungs­zwecken auf eigene Gefahr jedenfalls dann erfolgt, wenn sich eine waldtypische Gefahr verwirklicht, da mit solchen Risiken seitens desjenigen, der den Wald zu Erholungs­zwecken betritt, jederzeit gerechnet werden muss. Doch auch im Falle der Verwirklichung einer atypischen Gefahr scheide eine Haftung im Ergebnis laut Gericht aus, wenn sich das darin verwirklichte Risiko nach Art und Umfang nicht erheblich von jenen Gefahren unterscheide, mit denen ein Nutzer des Waldes typischerweise rechnen muss. Deshalb konnten im Ergebnis die genaue Herkunft und der ursprüngliche Verwen­dungszweck des Drahtgeflechts, über das die Klägerin nach eigenen Ausführungen stürzte, offenbleiben: Das mit dem gegenständlich im Wald zurück­ge­lassenen Drahtgeflecht verbundene Risiko unterscheide sich nicht wesentlich von sonstigen waldtypischen Gefahren und Hindernissen - Wurzelwerk, Schlingpflanzen, herabgefallene Äste, Erdlöcher - mit denen im Wald abseits von Wegen typischerweise jederzeit gerechnet werden müsse, die ebenfalls nicht immer einwandfrei und gut zu erkennen seien und eine dementsprechend umsichtige und vorsichtige Fortbe­we­gungsweise erfordern

Quelle: Landgericht München I, ra-online (pm/aw)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil29917

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI