Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2001 wurde ein altdeutscher Boxerhund eines Hundezüchters in einer Tierklinik operiert. Da sich der Züchter nachfolgend weigerte die offene Rechnung in Höhe von 3.600 DM zu bezahlen, behielt der Tierarzt den Hund. Daraufhin beantragte der Hundezüchter den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Tierarzt gerichtet auf Herausgabe des Hundes.
Das Amtsgerichts Alzey erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Seiner Ansicht nach habe dem Tierarzt gegenüber dem Herausgabeanspruch des Hundezüchters kein Zurückbehaltungsrecht am Hund zugestanden. Gegen diese Entscheidung legte der Tierarzt Berufung ein.
Das Landgericht Mainz entschied zu Gunsten des Tierarztes und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Dem Hundezüchter habe kein Anspruch auf Herausgabe seines Hundes gemäß § 985 BGB zugestanden. Denn der Durchsetzbarkeit dieses Anspruchs stehe ein Zurückbehaltungsrecht des Tierarztes aus § 273 Abs. 1 BGB entgegen.
Nach Auffassung des Landgerichts sei ein Hund ein tauglicher Gegenstand eines Zurückbehaltungsrechts. Dies stehe nicht im Widerspruch zum Tierschutzgesetz oder zu § 90 a BGB, wonach Tiere keine Sachen seien. Denn § 90 a Satz 3 BGB ordne an, dass die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend angewendet werden. Dadurch solle gewährleistet werden, dass Tiere trotz ihrer rechtlichen Aufwertung zum Mitgeschöpf weiterhin als Gegenstand verpflichtender Geschäfte und sachenrechtlicher Vorgänge im Rechtsverkehr zugänglich bleiben. Dies lasse den Schluss zu, dass Tiere nach wie vor Wert-"Sachen" seien und im Regelfall auch entsprechend behandelt werden müssen.
In Ausnahmefällen sei das Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen, so das Landgericht. Dies sei etwa dann der Fall, wenn bei dem Tier durch den Verbleib beim Gläubiger Vereinsamungsgefühle, seelischer Schmerz oder organische Krankheiten entstehen. Das gleiche gelte, wenn das Tier von einer Person getrennt werde, auf die es besonders fixiert sei. So habe der Fall hier hingegen nicht gelegen. Der Tierzüchter habe nicht vorgetragen, dass ihn und sein Hund eine besondere, über das übliche Maß hinausgehende Zuneigung verbinde. Vielmehr sei davon auszugehen, dass er als Züchter gerade darauf achte, eine gewisse Distanz zum Tier zu wahren, um einen Verkauf des Tiers zu ermöglichen. Zudem habe der Hund aufgrund der fachmännischen Betreuung beim Tierarzt keine Schmerzen oder Leiden erfahren müssen. Er sei artgerecht gehalten worden und habe allenfalls Unbehagen verspürt.
Aus dem Pfändungsschutz für Haustiere gemäß § 811 c ZPO habe sich nach Überzeugung des Landgerichts kein Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts ergeben. Es sei schon zweifelhaft gewesen, ob der Hund als Haustier habe angesehen werden können, da sein Halter Züchter war. Jedenfalls sei eine Gleichbehandlung von Pfand- und Zurückbehaltungsrecht nicht gerechtfertigt. Denn ein Vollstreckungsschuldner sei in der Regel nicht in der Lage die Schuld zu begleichen, um somit die Pfändung seines Haustiers zu verhindern. Der Tierhalter, der mit einem Zurückbehaltungsrecht konfrontiert werde, sei demgegenüber regelmäßig in der Lage, zu leisten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.12.2016
Quelle: Landgericht Mainz, ra-online (vt/rb)