Dokument-Nr. 32991
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- RRa 2023, 90Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2023, Seite: 90
- Amtsgericht Erding, Urteil30.04.2020
- Fluggesellschaften sind auch bei "wilden Streiks" des Flugpersonals zu Ausgleichszahlungen verpflichtetGerichtshof der Europäischen Union, Urteil17.04.2018, C-195/17, C-197/17 bis C-203/17, C-226/17, C-228/17, C-254/17, C-274/17, C-275/17, C-278/17 bis C-286/17 und C-290/17 bis C-292/17
- Angekündigte Pilotenstreiks durch Vereinigung Cockpit: Reisende erhalten keine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung für FlugannullierungBundesgerichtshof, Urteil21.08.2012, X ZR 138/11 und X ZR 146/11
Landgericht Landshut Urteil21.08.2020
Streik der Mitarbeiter einer Fluggesellschaft infolge einer Tarifauseinandersetzung stellt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Fluggastrechteverordnung darFluggästen steht bei streikbedingter Flugannullierung Ausgleichszahlungen zu
Kommt es zu einer Flugannullierung, weil Mitarbeiter der Fluggesellschaft im Rahmen einer Tarifauseinandersetzung streiken, so liegt darin kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung (VO). Den von der Annullierung betroffenen Fluggästen steht also ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen gemäß Art. 7 Abs. 1 VO zu. Dies hat das Landgericht Landshut entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aufgrund eines gewerkschaftlich organisierten Streiks der Piloten musste eine Fluggesellschaft im Frühjahr 2019 unter anderem einen Flug von München nach Oslo annullieren. Die davon betroffenen Fluggäste beanspruchten aufgrund dessen Ausgleichszahlungen. Die Fluggesellschaft verweigerte sich dem. Sie führte an, dass der Streik für sie einen außergewöhnlicher Umstand darstelle. Das Amtsgericht Erding folgte dieser Ansicht und wies daher die Klage der Fluggäste ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Kläger.
Anspruch auf Ausgleichszahlungen wegen streikbedingter Flugannullierung
Das Landgericht Landshut entschied zu Gunsten der Kläger. Ihnen stehe nach Art. 7 Abs. 1 VO ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu. Zwar habe der Bundesgerichtshof bisher bei einem Streik, der von einer Gewerkschaft ausgeht, die im Rahmen einer Tarifauseinandersetzung die Arbeitnehmer zur Arbeitsniederlegung aufruft, einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 VO angenommen. Dies sei aber angesichts der aktuellen Rechtsprechung des EuGH überholt.
Kein außergewöhnlicher Umstand wegen Streiks
Es sei nicht außergewöhnlich, so das Landgericht, dass sich Luftfahrtunternehmen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Meinungsverschiedenheiten oder Konflikten mit ihren Mitarbeitern gegenübersehen können. Tarifauseinandersetzungen und die Gehaltsforderungen von Mitarbeiterin gehören demnach zu den normalen betriebswirtschaftlichen Maßnahmen eines Unternehmens bzw. zum allgemeinen unternehmerischen Risiko. Es sei auch nicht völlig ungewöhnlich, dass es im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen zu einem Streikaufruf der Gewerkschaften kommt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.06.2023
Quelle: Landgericht Landshut, ra-online (vt/rb)
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