21.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Landgericht Köln Urteil26.09.2007

Deutsches Gewer­be­ver­zeichnis täuscht mit Eintra­gungs­angebot: Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung möglichLandgericht Köln weist Klage des Branchen­buchan­bieter in der Berufung ab

Arglistige Täuschung kommt nicht nur beim Vorspiegeln falscher oder dem Entstellen oder Verschweigen bestehender Tatsachen trotz Aufklä­rungs­pflicht in Betracht. Es reicht aus, wenn der Handelnde sich darüber bewusst ist, dass sein Verhalten jedenfalls in der Gesamtschau aller Einzelakte geeignet ist, den anderen in die Irre zu führen. Mit dieser Begründung bestätigte das Landgericht Köln die Anfechtung des Vertrags mit dem Deutschen Gewer­be­ver­zeich­nisses durch einen Kunden.

Das Landgericht Köln gab dem Kunden in der Berufung Recht und wies die Klage des Deutschen Gewer­be­ver­zeich­nisses, das 932,64 Euro gegen seinen "Kunden" eingeklagt hatte, ab. In der 1. Instanz hatte das Amtsgericht Bergisch Gladbach den Kunden noch zur Zahlung verurteilt.

Mangelnde Sorgfalt der Kunden beim Überlesen der Vertrags­in­for­ma­tionen schließt Anfechtung nicht aus

Das Gericht korrigierte das Amtsgericht und führte aus, dass es für die Berechtigung zur Anfechtung nicht entscheidend sei, ob der Kunde seinerseits die im geschäftlichen Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet oder hinsichtlich des "Überlesens" gewisser Vertrags­in­for­ma­tionen selbst fahrlässig gehandelt habe. § 123 BGB verfolge nämlich das Ziel, einem auf Arglist und Täuschung beruhenden Geschäfts­gebaren in aller Regel die Rechtswirkung zu nehmen.

Auch wer es dem Täuschenden leicht macht, kann anfechten

Deshalb müsse auch derjenige anfechten können, der dem Täuschenden die Irreführung leicht gemacht habe. Mit anderen Worten: Soweit der Irrtum beim Kunden durch ein recht­s­er­heb­liches Täuschungs­ver­halten ausgelöst worden sei, scheitere die Möglichkeit der Vertrags­an­fechtung nicht daran, dass der Irrtum des Kunden auch auf eigener Fahrlässigkeit im Umgang mit Werbepost beruhe.

Aufmachung und Gestaltung des Formulars täuscht die Kunden

Maßgeblich seien immer die Umstände des Einzelfalls. Insbesondere in Fällen, in denen der Verfasser eines Vertrags­an­gebotes mittels Aufmachung und Formulierung eine Art der Gestaltung wähle, die objektiv geeignet und subjektiv bestimmt sei, beim Adressaten eine fehlerhafte Vorstellung über die tatsächlichen Angebots­pa­rameter hervorzurufen, könne eine Täuschung selbst dann angenommen werden, wenn der wahre Charakter des Schreibens bei sorgfältigem Lesen hätte erkannt werden können.

Rechtsprechung des BGH: Verzerrung der Vertrags­pa­rameter ist entscheidend

Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richthofs komme es bei einer lediglich irreführenden Darstellung im Angebots­schreiben vor allem darauf an, wie stark maßgebliche Vertrags­pa­rameter verzerrt oder entstellt aufbereitet worden seien. Im Fall des Vertrags­for­mulars des Deutschen Gewer­be­ver­zeich­nisses falle auf, dass das Anschreiben durch Wortwahl und äußere Gestaltung einen offiziellen und beinahe amtlichen Eindruck erwecke.

Eintra­gungs­formular erweckt Eindruck kostenloser Leistung

Das Eintra­gungs­angebot des Deutschen Gewer­be­ver­zeich­nisses sei auch so abgefasst, dass bei einem potentiellen Kunden leicht der Eindruck entstehen könne, lediglich eine kostenlose Leistung in Anspruch zu nehmen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass in dem Schreiben ausdrücklich ein monatlicher Vergü­tungs­beitrag von 67 Euro benannt sei. Der Markt für Internet-Firmen­ver­zeichnisse sei nämlich dadurch gekennzeichnet, dass zahlreiche Anbieter den Verbänden und Gewer­be­trei­benden den Grundeintrag kostenlos andienen. Dies ergibt sich auch aus einem Urteil des Bundes­ge­richtshofs vom 08.07.2004, Az. BGH I ZR 142/02.

Kunden gingen von bloßer Daten­be­stä­tigung aus

Bei dieser Ausganglage haben die Betreiber des Deutschen Gewer­be­ve­zeich­nisses damit rechnen können, dass eine gewisse Anzahl der angeschriebenen Firmen beim Lesen des Eintra­gungs­an­gebots davon ausgehen würde, letztlich nur um Bestätigung der Daten gebeten worden zu sein, um die die Richtigkeit der Daten in dem Internet-Adressregister sicherzustellen. Schließlich werden die Adressaten des Formulars auch darum gebeten, die vorausgefüllten Datenfelder zu "prüfen" und zu korrigieren bzw. zu "ergänzen".

Rechts­ver­bind­lichkeit der Unterzeichnung des Formulars bewusst verschleiert

Das Gericht wies weiter darauf hin, dass das Deutsche Gewer­be­ver­zeichnis die Rechts­ver­bind­lichkeit, die mit der Rücksendung des ausgefüllten Formulars für den Kunden einhergehe, bewusst verschleiere. So heiße es in dem Formular völlig überraschend: "Das Deutsche Gewer­be­ver­zeichnis behält sich vor, Eintra­gungs­anträge, welche nicht zum Gesamtangebot des Dienstes passen, abzulehnen. Mit Rücksendung dieses unterzeichneten Angebotes gilt die Basisauskunft als verbindlich bestellt. Es gelten die umseitigen Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen."

Vertrags­ge­staltung ist nicht ausreichend transparent - Auch Begriff "Marke­ting­beitrag" ist unklar

Eine Vertrags­ge­staltung mit derart versteckten Hinweisen auf Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen und Verbind­lich­keits­klauseln, in deren Rahmen zudem seitens der Klägerin die Bestel­lal­ter­native "Basisauskunft" für 67 Euro monatlich bereits vormarkiert (!) sei - und zwar mittels eines nicht besonders auffälligen Punktes im Wahlfeld - , sei jedenfalls nicht mehr ausreichend transparent. Auch der Begriff "Marke­ting­beitrag" sei im Lichte der konkreten Offerte unklar.

Vertrag ist sittenwidrig

Der Vertrag sei auch sittenwidrig und damit nichtig. Der Vertragsschluss auf Eintragung der Gewerbedaten des Kunden in das "Deutsche Gewer­be­ver­zeichnis" sei nämlich in der erkennbaren und ausschließ­lichen Absicht initiiert worden, den Kunden zu schädigen und sich dabei ohne nennenswerte Gegenleistung auf dessen Kosten zu bereichern.

Geschäftsführer des Deutschen Gewer­be­ver­zeich­nisses wegen Betrugs in mehreren tausend Fällen zu Freiheitsstrafe verurteilt

Die Betreiber des Deutschen Gewer­be­ver­zeich­nisses können aus diesen Gründen nicht mit Erfolg einwenden, in Bezug auf die Offerte ohne Täuschungs­willen gehandelt zu haben. So lassen vorliegend die objektiv festgestellten Tatsachen nur die Annahme eines von Täuschungs­willen getragenen Verhaltens zu. Die Täuschungs­absicht der Klägerin stehe vorliegend auch deshalb zweifelsfrei fest, weil der Geschäftsführer der Klägerin wegen vergleichbarer Geschäfts­gebaren bereits vom Landgericht Frankfurt am Main wegen abertausender von Betrugs­straftaten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden sei.

Quelle: ra-online, Landgericht Köln (vt/we)

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