21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 23062

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Urteil13.01.2016Landgericht Köln13 S 129/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2016, 544Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 544
  • NJW-Spezial 2016, 154Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2016, Seite: 154
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Vorinstanz:
  • Amtsgericht Brühl, Urteil11.06.2015, 21 C 140/14
ergänzende Informationen

Landgericht Köln Urteil13.01.2016

Fehlende polizeiliche Belehrung eines Minderjährigen über Recht Eltern zu kontaktieren kann zu Beweis­verwertungs­verbot im Zivilprozess führenVerstoß gegen straf­pro­zessuale Beleh­rungs­pflicht begründet ausnahmsweise Beweis­verwertungs­verbot im Zivilprozess

Ein Verstoß gegen eine straf­pro­zessuale Beleh­rungs­pflicht kann ausnahmsweise zu einem Beweis­verwertungs­verbot im Zivilprozess führen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Polizeibeamte einen unter Schock stehenden 15-jährigen Beschuldigten einer Ordnungs­wid­rigkeit nicht über sein aus § 67 des Jugend­gerichts­gesetzes (JGG) zu stehendes Recht, seine Eltern zu kontaktieren, belehrt wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Köln hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde ein 15-jähriger Jugendlicher von einem Auto angefahren, wodurch dieses beschädigt wurde. Der Autofahrer behauptete, dass der Jugendliche über Rot lief. Er erhob daher Klage auf Zahlung von Schadensersatz.

Amtsgericht gab Schaden­s­er­satzklage statt

Das Amtsgericht Brühl gab der Schaden­s­er­satzklage statt. Zwar habe der Jugendliche bestritten einen Rotlichtverstoß begangen zu haben. Aufgrund der Aussage zweier Polizeibeamter sei ihm der Verstoß aber nachzuweisen gewesen. Der Jugendliche habe den Polizeibeamten am Unfallort während seiner ersten Vernehmung gestanden, den Rotlichtverstoß begangen zu haben. Dies ließ der Jugendliche aber nicht gelten. Seiner Meinung nach, seien die Aussagen der Polizeibeamten nicht verwertbar gewesen, da er nicht über sein Konsul­ta­ti­o­nsrecht aus § 67 JGG belehrt worden sei. Er legte daher gegen die Entscheidung Berufung ein.

Landgericht verneint Schaden­s­er­satz­an­spruch

Das Landgericht Köln entschied zu Gunsten des minderjährigen Jugendlichen und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Dem Autofahrer habe kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 BGB zugestanden, da er nicht habe beweisen können, dass der Jugendliche für den Schaden verantwortlich war. Die Aussagen der Polizeibeamten seien nicht verwertbar gewesen.

Verstoß gegen Beleh­rungs­pflicht

Die Polizeibeamten haben den Jugendlichen nicht über sein Konsul­ta­ti­o­nsrecht aus § 67 JGG belehrt und somit gegen eine straf­pro­zessuale Belehrungspflicht verstoßen, so das Landgericht. Das Recht eines minderjährigen Beschuldigten, seine Eltern vor einer Aussage zu kontaktieren, beruhe auf der Erkenntnis, dass jugendliche Beschuldigte gegenüber Erwachsenen eine deutlich höhere "Geständ­nis­freu­digkeit" aufweisen und somit die Gefahr bestehe, dass sie leichtfertigt auf ihr nach § 136 Abs. 1 StPO zustehendes Schweigerecht verzichten.

Verstoß gegen Beleh­rungs­pflicht begründet Beweis­ver­wer­tungs­verbot

Der Verstoß gegen die Beleh­rungs­pflicht habe nach Ansicht des Landgerichts zu einem Beweisverwertungsverbot geführt. Zwar sei eine straf­pro­zessuale Belehrung nicht darauf gerichtet, den Beschuldigten vor einer zivil­recht­lichen Verfolgung zu schützen. Vielmehr sei der Beschuldigte allein davor zu bewahren, aktiv zu seiner straf­recht­lichen Verfolgung beitragen zu müssen. Dennoch könne ausnahmsweise ein Beweis­ver­wer­tungs­verbot im Zivilprozess vorliegen. So habe der Fall hier gelegen.

Minder­jäh­rigkeit und Schockzustand begründete Verwer­tungs­verbot

Nach Auffassung des Landgerichts sei zu beachten gewesen, dass der Beklagte zum Zeitpunkt seiner polizeilichen Vernehmung minderjährig war. Die Vorschrift des § 455 ZPO, wonach eine partei­ve­r­ant­wortliche Vernehmung von Minderjährigen erst ab dem 16. Lebensjahr möglich ist, zeige, dass auch im Zivilprozess eine "verantwortliche" Aussage Minderjähriger erst ab dem 16. Lebensjahr in Betracht kommen solle. Zudem habe nicht ausgeschlossen werden dürfen, dass der Jugendliche zum Zeitpunkt der Vernehmung unter Schock stand. Angaben eines unter Schock stehenden Unfall­be­tei­ligten seien jedoch mit äußerster Vorsicht zu würdigen. Denn nach den Erkenntnissen der Wahrneh­mungs­psy­chologie können Ereignisse, die kurz vor einem Schock eintreten, mehr oder weniger vergessen werden.

Quelle: Landgericht Köln, ra-online (vt/rb)

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