21.11.2024
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Landgericht Koblenz Beschluss08.04.2010

Testamente sind vor dem Zugriff der Behörden geschützt - Keine Verwertbarkeit vor GerichtTestamente gehören zum Kernbereich privater Lebens­ge­staltung und dürfen nicht beschlagnahmt werden

Das Landgericht Koblenz hat entschieden, dass Testamente gerichtlich nicht verwertet werden dürfen. Dies soll jedenfalls dann gelten, soweit der vom Grundgesetz absolut geschützte Kernbereich persönlicher Lebens­ge­staltung betroffen ist. Dies hängt davon ab, ob der Betroffene die Inhalte geheim halten wollte, ob die Inhalte höchst­per­sön­lichen Charakter haben und in welcher Art und Intensität sie aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berühren.

In dem vom Landgericht zu entscheidenden Fall waren die Geschäftsräume einer GmbH durchsucht worden. Dabei fand sich in einem Safe ein verschlossener Umschlag, der mit "Testament" beschriftet war. In dem Umschlag befand sich das handschriftliche Testament des Gesellschafters und Mitge­schäfts­führers der GmbH. Trotz dessen Widerspruchs öffneten die Beamten den Umschlag und fertigten Kopien von dem Testament, das eine Vermö­gens­auf­stellung des Gesellschafters mit Hinweisen auf zahlreiche Guthaben bei Banken u.a. in Luxemburg und der Schweiz enthielt. Gegen den Gesellschafter wurde daraufhin ein Verfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet.

Wer ein Testament schreibt, möchte dies in der Regel bis zu seinem Tod geheim halten

Das Amtsgericht Mainz erklärte jedoch die Verwertung des beschlagnahmten Testaments für unzulässig. Das Landgericht Koblenz bestätigte diese Entscheidung in zweiter Instanz. Das beschlagnahmte Testament betreffe den geschützten Kernbereich persönlicher Lebens­ge­staltung des Gesellschafters. Bei der Frage, was diesem Kernbereich unterliege, sei ein weiter Maßstab anzulegen. Auch habe ein Erblasser in der Regel kein Interesse daran, dass der Inhalt seines Testaments vor seinem Ableben anderen zugänglich gemacht werde. Das Testament enthalte zudem keine Angaben über die Planung bevorstehender oder Berichte über begangene Straftaten, sondern lediglich eine nüchterne Aufzeichnung der Vermögenswerte und der bestehenden Konten.

Ermittler dürfen sich selbst davon überzeugen, ob Dokumente vor ihrem Zugriff geschützt sind oder nicht

Allerdings führe nicht schon die Öffnung des mit "Testament" beschriebenen Umschlags zu einem Verwer­tungs­verbot, sondern erst die weitere Verwendung des Testaments, nachdem den Ermittlern bekannt war, dass es sich bei dem Inhalt dieses Umschlags tatsächlich um ein Testament handelte. Denn wenn bereits die Öffnung des Umschlags unzulässig wäre, könnten beweis­er­hebliche Unterlagen allein aufgrund der Kennzeichnung beispielsweise als "privat", "Testament", "Tagebuch" oder ähnlichen Bezeichnungen der Sichtung durch die durchsuchenden Beamten entzogen werden. Im vorliegenden Fall hätten die Ermittler aber, nachdem sie erkannt hätten, dass der Umschlag tatsächlich ein Testament enthielt, dieses weiter gesichtet und Kopien gefertigt.

Quelle: ra-online, Landgericht Koblenz (vt/we)

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