21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 32581

Drucken
ergänzende Informationen

Landgericht Koblenz Urteil24.11.2022

Private Kinder­ta­gesstätte darf Betreu­ungs­vertrag ohne Angabe von Gründen kündigenPrivate Bildungs­ein­richtung kann die Betreuung durch Auswahl der Kinder nach ihren Vorstellungen frei gestalten

Eine Regelung in einem Betreu­ungs­vertrag einer privaten Kinder­ta­gesstätte nach der beide Seiten das Recht haben, den Betreuungsplatz mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen, ist wirksam. Das geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Koblenz hervor.

Die Beklagte betreibt eine private Kindertagesstätte in Koblenz, in der die Kläger ihre drei noch nicht schul­pflichtigen Kinder betreuen ließen. Nach dem zwischen den Klägern und der Beklagten abgeschlossenen Vertrag steht beiden Seiten das Recht zu, den Betreuungsplatz mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen. Im Oktober 2021 kündigte der Kindergarten die Betreuung für alle drei Kinder zum 31.01.2022. Eine Begründung enthielt das Kündi­gungs­schreiben nicht.

Eltern wollen Betreu­ungs­vertrag fortführen

Dagegen wehrten sich die Eltern und verlangten, dass die Betreuung fortgesetzt werde. Sie vertraten im Prozess vor dem Landgericht die Meinung, eine Kündigung ohne besonderen Grund sei nicht zulässig, die Vertragsklausel sei daher ungültig. Durch die Kündigung werde die Entwicklung der Kinder behindert. Deshalb sei eine Beendigung der Betreuung nur zumutbar, wenn es dafür wichtige Gründe gebe. Gravierende Vorfälle habe es hier aber nicht gegeben.

Die beklagte Kinder­ta­gesstätte hielt an der Kündigung fest. Sie meinte, nach dem Vertrag zu einer Kündigung ohne jede Angabe von Gründen berechtigt zu sein. Im Übrigen sei das Verhältnis insbesondere zu der Mutter der Kinder, einer verbal aggressiv auftretenden Juristin, gestört. Auch die Kinder seien in der Betreuung nicht mehr tragbar gewesen. Auf Ermahnungen reagierten sie teilweise mit Worten wie „Halt dein Maul“ und „Ich bringe dich um“, sie verletzten Erzieherinnen durch Schläge, Tritte, Bisse und Haareziehen und terrorisierten andere Kinder. An einer Zusammenarbeit mit der Einrichtung seien die Eltern nicht interessiert. Die Situation sei so weit eskaliert, dass schließlich alle Erzieherinnen der Gruppe im Oktober 2021 mit ihrer Kündigung gedroht hätten. Man habe daher keine andere Möglichkeit gesehen, als das Betreu­ungs­ver­hältnis zu kündigen.

Gericht weist Klage auf Fortsetzung der Betreuung ab

Die vertragliche Vereinbarung, wonach beide Seiten den Betreuungsplatz auch ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von drei Monaten kündigen können, sei zulässig. Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung sei daher wirksam. Zwar stelle ein erzwungener Wechsel des Kindergartens eine erhebliche Belastung für die Kinder dar. Auf der anderen Seite habe aber auch eine private Bildungs­ein­richtung ein verständliches Interesse, die Betreuung durch Auswahl der Kinder nach ihren Vorstellungen frei zu gestalten. Das – so führte das Gericht weiter aus – sei vom Bundes­ge­richtshof für Privatschulen bereits ausdrücklich so entschieden worden. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn sich eine private Kinder­ta­gesstätte in ihren allgemeinen Vertrags­be­din­gungen dasselbe Recht auf eine ordentliche Vertrags­kün­digung nehme, das auch den Eltern der Kinder zustehe.

Die Kündigung, erklärte das Gericht weiter, sei hier auch nicht im Einzelfall aus besonderen Gründen unzumutbar. Ein Wechsel von Betreu­ungs­personen sei zwar immer eine Belastung für die Kinder, komme im Kinder­gar­te­n­alltag aber häufiger vor. Eine außer­ge­wöhnliche psychosoziale Gefährdung der Kinder der Kläger durch einen Wechsel des Kindergartens sei hier nicht feststellbar.

Eine Kündigung, so das Gericht in seinem Urteil, sei daher nur dann unzulässig, wenn sie willkürlich sei und daher „Treu und Glauben“ widerspreche. Das könne hier aber nicht festgestellt werden. Die Kommunikation zwischen der Einrichtung und der Kindesmutter sei offensichtlich problematisch. Die von der Mutter verfassten Schreiben seien von Vorwürfen und der Ankündigung rechtlicher Konsequenzen geprägt. Es liege auf der Hand, dass diese schriftliche Kommunikation auf juristischer Ebene nicht mit dem in der Einrichtung verfolgten pädagogischen Konzept einer vertrau­ens­vollen Erzie­hungs­part­ner­schaft in Einklang zu bringen sei. Wenn die Kinder­ta­gesstätte sich vor diesem Hintergrund entscheide, das Vertrags­ver­hältnis zu beenden, sei das jedenfalls nicht willkürlich.

Quelle: Landgericht Koblenz, ra-online (pm/pt)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil32581

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI