Dokument-Nr. 12800
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- MMR 2012, 163Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 163
Landgericht Kiel Urteil29.11.2011
"Nichtnutzergebühr" für Nicht-Telefonieren in mobilcom-debitel Verträgen ist wegen unangemessener Benachteiligung unzulässigNicht-Telefonieren darf nichts kosten
Wer mit seinem Handy weder telefoniert noch SMS schreibt, darf dafür nicht zur Kasse gebeten werden. Das Landgericht Kiel hat damit einer Klage der Verbraucherzentrale gegen mobilcom-debitel stattgegeben.
4,95 Euro verlangt mobilcom-debitel von seinen Kunden, wenn diese über drei Monate hinweg ihr Handy nicht benutzen. Die Mobilfunkfirma hat sich dafür den Begriff "Nichtnutzergebühr" einfallen lassen - und in einer Fußnote der Preisliste platziert. Die Handynutzer zahlten in diesem Fall doppelt: die monatlichen Vertragskosten plus die Gebühr für das Nicht-Telefonieren.
"Nichtnutzergebühr-Klausel" ist unwirksam
Das Landgericht Kiel stellte feste, dass die Klausel, wonach im Falle der Nichtnutzung von Mobilfunkdiensten während eines Zeitraums von drei aufeinander folgenden Monaten eine Nichtnutzungsgebühr in Höhe von 4,95 Euro monatlich anfällt, gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist, weil sie die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Bereithalten des Anschlusses darf nicht doppelt berechnet werden
Die Klausel lege dem Kunden ein zusätzliches Entgelt für den Fall auf, dass er die Mobilfunkleistungen nicht in Anspruch nimmt. Damit werde die Regel, dass grundsätzlich nur durch die Inanspruchnahme solcher Leistungen eine Zahlungsverpflichtung entstehe, ins Gegenteil verkehrt. Die einzige Leistung der Mobilfunkfirma bestehe hier allenfalls in der Bereitstellung des Anschlusses. Die dafür anfallenden Kosten seien jedoch bereits mit dem monatlichen Paketpreis in Höhe von 14,95 Euro abgegolten, ebenso etwaige Anschaffungskosten für das Telefon. Es werde also eine zusätzliche Zahlung für eine Leistung verlangt, die das Telekommunikationsunternehmen ohnehin schon schulde, was jedoch mit den berechtigten Erwartungen der Kunden keinesfalls in Einklang gebracht werden könne. Denn das Bereithalten eines Anschlusses sei grundsätzlich auch ohne zusätzliche Gebühr zu leisten, wenn dieser über längere Zeit nicht genutzt werde. Folglich verletzte die strittige Klausel das Äquivalenzprinzip und benachteilige den Kunden unangemessen
SIM-Karten-Pfand ebenfalls unzulässig
Der vzbv hatte auch kritisiert, dass mobilcom-debitel eine Art "Pfand" für die SIM-Karte erhebt. Der Mobilfunkanbieter verlangt derzeit rund 10 Euro, wenn ein Kunde seine SIM-Karte nicht zwei Wochen nach Ablauf des Vertrages zurückgegeben hat. Ebenfalls unzulässig, urteilten die Richter aus Kiel, denn dieses "Pfand" würde einen Schadensersatzanspruch pauschal festlegen – zumal eine SIM-Karte nach Vertragsende deutlich weniger als 10 Euro wert sein dürfte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.12.2011
Quelle: ra-online, LG Kiel, Verbraucherzentrale Bundesverband (pm/pt)
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