18.10.2024
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Landgericht Kassel Urteil26.01.2017

Unverschuldeter Mietrückstand bei schwerer psychischer Erkrankung des WohnungsmietersKein Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung

Kommt ein Wohnungsmieter aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung mit den Mietzahlungen in Rückstand, so kann er nicht gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ordentlich gekündigt werden. Denn ihn trifft aufgrund der Erkrankung kein Verschulden an dem Zahlungsverzug. Dies hat das Landgericht Kassel entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Wohnungsmieter geriet mit seinen Mietzahlungen ab September 2014 in Verzug. Hintergrund dessen war, dass der Mieter zu Beginn des Jahres 2014 schwer depressiv erkrankte und seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte. Nach dem Auslaufen des Kranken­geld­bezugs im August 2014 verfügte der Mieter über keine fortlaufenden Einnahmen. Erst ab Februar 2015 konnte ihm Erwer­b­s­un­fä­hig­keitsrente gewährt werden. Die Mietschulden beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf ca. 4.000 EUR. Der Vermieter erklärte aufgrund dessen die ordentliche Kündigung des Mietver­hält­nisses und erhob schließlich Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Zwischen­zeitlich wurden sämtliche Mietschulden von der Zentrale Fachstelle Wohnen der Stadt Kassel beglichen.

Amtsgericht wies Klage ab

Das Amtsgericht Kassel wies die Klage ab. Aufgrund der psychischen Erkrankung und der darauf basierenden Berufs­un­fä­higkeit habe der Mieter die eingetretenen finanziellen Probleme und somit die Mietrückstände nicht zu verschulden. Gegen diese Entscheidung legte der Vermieter Berufung ein.

Landgericht verneint ebenfalls Räumungs- und Heraus­ga­be­an­spruch

Das Landgericht Kassel bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Berufung des Vermieters zurück. Ihm stehe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zu, da die ordentliche Kündigung des Mietvertrags nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei.

Kein Verschulden an Mietrückstände

Zwar stelle die Nichtzahlung der geschuldeten Miete über einen Zeitraum von mehreren Monaten grundsätzlich eine nicht unerhebliche Verletzung mietver­trag­licher Pflichten dar, so das Landgericht. Jedoch fehle es an einem Verschulden hinsichtlich der Pflicht­ver­letzung. Bei dem Mieter habe eine psychische Ausnah­me­si­tuation bestanden. Er sei nahezu vollständig an der Bewältigung seines Alltags und der Klärung finanzieller Angelegenheiten einschließlich der Bezahlung der Miete gehindert gewesen.

Quelle: Landgericht Kassel, ra-online (zt/WuM 2018, 435/rb)

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