21.11.2024
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Landgericht Heidelberg Urteil24.09.2012

Keine Entschädigung für Unterbringung in Gemein­schafts­haf­träumen der Justiz­voll­zugs­anstaltErheb­lich­keits­grenze für Gewährung von Entschädigungen bei Verstößen gegen die Menschenwürde nicht überschritten

Das Landgericht Heidelberg hat die Unterbringung eines Inhaftierten in Gemein­schafts­haf­träumen mit einer im Haftraum befindlichen Toilette grundsätzlich für menschen­un­würdig erachtet. Ein Anspruch auf Geldent­schä­digung besteht für einen Inhaftierten jedoch nur dann, wenn die Beein­träch­tigung der Menschenwürde nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann und der Betroffene einen Nachweis über die als erheblich empfundenen Beein­träch­ti­gungen seiner Menschenwürde erbringen kann, er sich also beispielsweise während seiner Inhaftierung gegen die für ihn menschen­un­würdige Gemein­schafts­un­ter­bringung gewehrt hat.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens befand sich im Jahr 2009 für insgesamt knapp sechs Monate in Unter­su­chungshaft in der Justiz­voll­zugs­anstalt Mannheim, Außenstelle Heidelberg, Oberer Fauler Pelz. Dabei war er insgesamt 40 Tage mit einem und einen Tag mit zwei Mitgefangenen in einem Gemein­schafts­haftraum untergebracht. Diese Gemein­schafts­haf­träume verfügten zum damaligen Zeitpunkt nicht über eine räumlich getrennte und gesondert zu entlüftende Toilette, vielmehr war die Toilette nur durch einen sog. Schamvorgang vom Rest des Haftraums getrennt. Der Kläger sah hierin einen Verstoß gegen seine Menschenwürde und hat vom Land Baden-Württemberg eine Geldent­schä­digung in Höhe von 1.000 Euro gefordert.

Haftbedingungen werden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht gerecht

Das Landgericht Heidelberg hat eine schuldhafte Amtspflicht­ver­letzung des beklagten Landes bejaht. Die Haftbedingungen während der gemein­schaft­lichen Unterbringung seien dem aus Art. 1 des Grundgesetzes folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht gerecht geworden. Der Kläger habe aufgrund des fehlenden Sicht-, Geräusch- und Geruchsschutzes innerhalb der Gemein­schaftszelle nicht ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren können.

Nachweis über erhebliche Beein­träch­ti­gungen der Menschenwürde wurde nicht erbracht

Das Gericht hat trotzdem die Gewährung einer Geldent­schä­digung abgelehnt, da die Erheb­lich­keits­grenze für die Gewährung einer solchen Entschädigung bei Verstößen gegen die Menschenwürde im konkreten Fall nicht überschritten sei. Ein Anspruch auf Geldent­schä­digung bestehe nur dann, wenn die Beein­träch­tigung der Menschenwürde nicht in anderer Weise ausgeglichen werden könne, der Eingriff also ein Mindestmaß an Schwere erreiche und dem Opfer nur durch Zubilligung einer Geldent­schä­digung Genugtuung zuteilwerden könne. Unter Abwägung aller Umstände des Falls ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger den ihm obliegenden Nachweis der als erheblich empfundenen Beein­träch­tigung seiner Menschenwürde nicht habe erbringen können. Als entscheidend sah das Gericht die Tatsache an, dass der Kläger sich zu keinem Zeitpunkt während seiner Inhaftierung gegen die Gemein­schafts­un­ter­bringung gewehrt habe. Auch aus der Gefan­gen­per­so­nalakte habe sich kein Hinweis darauf ergeben, dass der Kläger sich subjektiv erheblich beeinträchtigt gefühlt habe. Da der Kläger sich regelmäßig mit schriftlichen Bitten und Anträgen an die Anstaltsleitung gewandt habe, bestehe kein Zweifel daran, dass er sich auch mit schwer­wie­genderen Bedürfnissen, wie einer als menschen­un­würdig empfundenen Unterbringung, ebenfalls schriftlich an die Anstaltsleitung gewandt hätte.

Quelle: Landgericht Heidelberg/ra-online

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