Dokument-Nr. 14271
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Landgericht Heidelberg Urteil24.09.2012
Keine Entschädigung für Unterbringung in Gemeinschaftshafträumen der JustizvollzugsanstaltErheblichkeitsgrenze für Gewährung von Entschädigungen bei Verstößen gegen die Menschenwürde nicht überschritten
Das Landgericht Heidelberg hat die Unterbringung eines Inhaftierten in Gemeinschaftshafträumen mit einer im Haftraum befindlichen Toilette grundsätzlich für menschenunwürdig erachtet. Ein Anspruch auf Geldentschädigung besteht für einen Inhaftierten jedoch nur dann, wenn die Beeinträchtigung der Menschenwürde nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann und der Betroffene einen Nachweis über die als erheblich empfundenen Beeinträchtigungen seiner Menschenwürde erbringen kann, er sich also beispielsweise während seiner Inhaftierung gegen die für ihn menschenunwürdige Gemeinschaftsunterbringung gewehrt hat.
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens befand sich im Jahr 2009 für insgesamt knapp sechs Monate in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Mannheim, Außenstelle Heidelberg, Oberer Fauler Pelz. Dabei war er insgesamt 40 Tage mit einem und einen Tag mit zwei Mitgefangenen in einem Gemeinschaftshaftraum untergebracht. Diese Gemeinschaftshafträume verfügten zum damaligen Zeitpunkt nicht über eine räumlich getrennte und gesondert zu entlüftende Toilette, vielmehr war die Toilette nur durch einen sog. Schamvorgang vom Rest des Haftraums getrennt. Der Kläger sah hierin einen Verstoß gegen seine Menschenwürde und hat vom Land Baden-Württemberg eine Geldentschädigung in Höhe von 1.000 Euro gefordert.
Haftbedingungen werden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht gerecht
Das Landgericht Heidelberg hat eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des beklagten Landes bejaht. Die Haftbedingungen während der gemeinschaftlichen Unterbringung seien dem aus Art. 1 des Grundgesetzes folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht gerecht geworden. Der Kläger habe aufgrund des fehlenden Sicht-, Geräusch- und Geruchsschutzes innerhalb der Gemeinschaftszelle nicht ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren können.
Nachweis über erhebliche Beeinträchtigungen der Menschenwürde wurde nicht erbracht
Das Gericht hat trotzdem die Gewährung einer Geldentschädigung abgelehnt, da die Erheblichkeitsgrenze für die Gewährung einer solchen Entschädigung bei Verstößen gegen die Menschenwürde im konkreten Fall nicht überschritten sei. Ein Anspruch auf Geldentschädigung bestehe nur dann, wenn die Beeinträchtigung der Menschenwürde nicht in anderer Weise ausgeglichen werden könne, der Eingriff also ein Mindestmaß an Schwere erreiche und dem Opfer nur durch Zubilligung einer Geldentschädigung Genugtuung zuteilwerden könne. Unter Abwägung aller Umstände des Falls ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger den ihm obliegenden Nachweis der als erheblich empfundenen Beeinträchtigung seiner Menschenwürde nicht habe erbringen können. Als entscheidend sah das Gericht die Tatsache an, dass der Kläger sich zu keinem Zeitpunkt während seiner Inhaftierung gegen die Gemeinschaftsunterbringung gewehrt habe. Auch aus der Gefangenpersonalakte habe sich kein Hinweis darauf ergeben, dass der Kläger sich subjektiv erheblich beeinträchtigt gefühlt habe. Da der Kläger sich regelmäßig mit schriftlichen Bitten und Anträgen an die Anstaltsleitung gewandt habe, bestehe kein Zweifel daran, dass er sich auch mit schwerwiegenderen Bedürfnissen, wie einer als menschenunwürdig empfundenen Unterbringung, ebenfalls schriftlich an die Anstaltsleitung gewandt hätte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.10.2012
Quelle: Landgericht Heidelberg/ra-online
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