21.11.2024
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Landgericht Hannover Urteil27.04.2017

Verlegung der Flugzeit von Mittagszeit auf den Abend durch Reise­ver­an­stalter stellt angesichts eines Kleinkinds Reisemangel darReisende kann Erstattung der Kosten für Ersatzflug und Taxifahrt zum Flughafen verlangen

Hat eine Reisende mit einem Kleinkind einen Rückflug zur Mittagszeit gebucht und wird dieser Flug vom Reise­ver­an­stalter um 5 Stunden und 45 Minuten in den Abend verlegt, stellt dies einen Reisemangel dar. Die Reisende kann in diesem Fall gemäß § 651 c Abs. 3 BGB den Ersatz der Kosten für einen gebuchten Ersatzflug und die Taxifahrt zum Flughafen verlangen. Dies hat das Landgericht Hannover entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Frau buchte für sich und ihren Lebensgefährten sowie dem gemeinsamen 21 Monate alten Kind im März 2015 eine Pauschalreise nach Mallorca für den September 2015. Für den Rückflug buchte sie angesichts des Kindes einen Flug um 13.15 Uhr. Die Reise­ver­an­stalterin vermerkte die Rückflugzeit als "voraussichtlich". Im Juli 2015 erhielt die Frau von der Reise­ver­an­stalterin eine Mitteilung, wonach der Rückflug von 13.15 Uhr auf 19.25 Uhr verlegt wurde. Zudem erfolgte eine Umbuchung von einem Linienflug auf einen Charterflug. Die Frau war damit nicht einverstanden und pochte auf eine Abflugzeit um die Mittagszeit. Da die Reise­ver­an­stalterin sich außer Stande sah, dem nachzukommen, buchte die Frau für sich und ihre Familie selbst einen Rückflug um 13.15 Uhr. Die dadurch entstandenen Kosten in Höhe von 613,31 EUR sowie die Kosten für die Taxifahrt zum Flughafen in Höhe von 83,50 EUR verlangte sie von der Reise­ver­an­stalterin klageweise ersetzt. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Reise­ver­an­stalterin.

Anspruch auf Koste­n­er­stattung aufgrund Reisemangels

Das Landgericht Hannover bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Berufung der Reise­ver­an­stalterin zurück. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den früher gebuchten Rückflug einschließlich der Taxikosten gemäß § 651 c Abs. 3 BGB zu. Die Verlegung der Flugzeit in Zusammenhang mit der Umbuchung von einem Linienflug auf einen Charterflug stelle einen Reisemangel dar, der über eine bloße Unannehm­lichkeit hinausgehe.

Änderung der Flugzeiten in gewissem Rahmen möglich

Nach dem Reisevertrag habe die Reise­ver­an­stalterin zwar die Flugzeiten in einem gewissen Rahmen einseitig verändern dürfen, so das Landgericht. Denn sie habe bei Abschluss des Reisevertrags nicht verbindlich eine Flugzeit zugesagt. Die Charak­te­ri­sierung der Abflugzeit als "voraussichtlich" bringe zum Ausdruck, dass die endgültige Abflugzeit in gewissem Umfang von der zunächst genannten abweichen könne. Dies sei insbesondere bei Reiseverträgen, die lange vor der vorgesehenen Reisezeit geschlossen werden, auch nicht zu beanstanden.

Unzumutbare Flugzei­t­än­derung aufgrund Kleinkinds

Jedoch sei es dem Reisenden nach Auffassung des Landgerichts nicht zumutbar, voraus­set­zungslos Abweichungen von dem vertraglich vereinbarten Zeitrahmen hinnehmen zu müssen. Regelmäßig sei zwar eine Verschiebung von bis zu vier Stunden entschä­di­gungslos hinzunehmen. Es komme aber auf den Einzelfall an. Hier sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin einen Linienflug um die Mittagszeit gebucht hatte, um den Schlafrhythmus des Kleinkindes nicht erheblich zu beeinträchtigen. Unter diesen Umständen sei die vorgenommene Änderung der Flugzeit und der Flugge­sell­schaft nicht mehr zumutbar.

Quelle: Landgericht Hannover, ra-online (zt/RRa 2017, 280/rb)

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