Dokument-Nr. 14766
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Landgericht Gießen Beschluss19.04.2011
Zu wenig Geschenke: Brautpaar hat keinen Schadenersatzanspruch wegen eines "Geschenkeausfalls"Geschenke können nützlich, schön oder überflüssig und geschmacklos sein / Geschenke haben praktisch wegen eines fehlenden Sekundärmarkts keinen Wert
Muss ein Brautpaar aufgrund der nicht rechtzeitigen Fertigstellung des Festsaals auf einen kleineren Raum ausweichen und Gäste ausladen, so besteht kein Anspruch auf Schadenersatz wegen des "Geschenkeausfalls". Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Gießen hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein türkisches Brautpaar mietete für ihre Hochzeit mit 620 Personen den Veranstaltungssaal eines Landkreises an. Nachdem sich abzeichnete, dass der Saal nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnte, wich das Brautpaar auf einen anderen Raum aus. Der Bräutigam behauptete nunmehr, dass der Saal nur für 400 Personen Platz bot. Daher musste er 220 Gäste ausladen. Da jedes Paar der ausgeladenen Gäste Geschenke im Wert von 50 - 100 € mitgebracht hätte, sei ihm ein Schaden in Höhe von 8.250 € entstanden. Des Weiteren machte er noch diverse andere Kosten geltend, die ihm durch die Umbuchung der Räumlichkeit entstanden waren. Insgesamt verlangte er Schadenersatz in Höhe von fast 12.000 €. Der Bräutigam beantragte wegen diesem Sachverhalt Prozesskostenhilfe. Dieser Antrag wurde vom Landgericht Gießen zurückgewiesen. Wenig später beantragte er vor demselben Gericht wieder Prozesskostenhilfe.
Antrag auf Prozesskostenhilfe war wegen Rechtsmissbrauchs zurückzuweisen
Das Landgericht Gießen wies den erneuten Antrag auf Prozesskostenhilfe wegen Rechtsmissbrauchs zurück, da das Begehren bereits in dem früheren Verfahren zurückgewiesen worden war. Werde ein früheres Begehren ohne Vorbringen neuer Tatsachen lediglich wiederholt, sei eine neue Entscheidung über den Antrag ausgeschlossen.
Nichterhalt von Geschenken stellt keinen Schaden dar
Darüber hinaus könne ein "Geschenkeausfall" keinen Schaden begründen, so das Landgericht weiter. Es sei nämlich unzulässig davon auszugehen, dass im Falle einer Nichtschenkung, die Aufwendungen, die für ein Geschenk getätigt wurden, einen Schaden in gleicher Höhe beim potentiellen Beschenkten hervorrufe. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere zu Hochzeiten Geschenke in erheblichem Umfang gemacht werden. Diese können zwar vom Schenker als nützlich, schön oder gelungen bewertet werden. Der Beschenkte aber könne sie als unpassend, überflüssig oder geschmacklos ansehen. Da es für Geschenke keinen Sekundärmarkt gebe und ein Verkauf oft als pietätlos angesehen werde, haben solche Geschenke praktisch keinen Wert.
Aufführung der einzelnen Gäste mit dem jeweiligen Geschenk wäre erforderlich gewesen
Zudem sei der Sachverhalt nach Ansicht des Landgerichts vom Antragssteller auch ungenügend geschildert worden. Es hätte jeder einzelne ausgeladene Gast, mit konkreter Angabe, welches Geschenk er mitgebracht hätte, bezeichnet werden müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.01.2013
Quelle: Landgericht Gießen, ra-online (vt/rb)
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