Mit dieser Argumentation gab das Landgericht der Klage einer Mutter in 2. Instanz weitgehend statt, die mit ihrem 5-jährigen Sohn einen Cluburlaub in Ägypten verbracht hatte und im Nachhinein Schadensersatz vom Reiseveranstalter verlangte. Die Mutter machte verschiedene Reisemängel geltend, u.a. Baulärm sowie einen fehlenden Kinderpool für ihren Sohn.
Anders als das erstinstanzliche Amtsgericht entschieden die Richter, dass auch ein 5-jähriges Kind einen Schadensersatzanspruch auf Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreuden haben könne. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass grundsätzlich anerkannt sei, dass auch Schüler und Kinder einen Entschädigungsanspruch wegen "nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit" gemäß § 651 f Absatz 2 BGB haben können.
Problematisch sei die Entscheidung aber dann, wenn es sich um Kleinkinder handele, die einen Urlaub gar nicht bewusst wahrnehmen. Schwierig sei die Beurteilung, ab welcher Altersgrenze es nicht mehr gerechtfertigt sei, einem Kind einen Entschädigungsanspruch zuzubilligen. Als gesichert könne jedenfalls gelten, dass Kleinkindern im Alter von 2 oder 3 Jahren kein Anspruch zustehe.
Bei einem 5-jährigen Kind hingegen sei sicherlich davon auszugehen, dass es einen Urlaub in einer Clubanlage in einem fremden Land bewusst wahrnehme. Für ein Kind in diesem Alter sei ein Urlaub etwas "Besonderes". Es gebe für das Kind nämlich normalerweise keinen Alltagsstress, es gebe besondere Sachen zu essen und es habe die Möglichkeit, ausgedehnt zu spielen - insbesondere an einem Strand oder Pool.
Ob und in welchem Umfang Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit zu zahlen sei, richte sich allerdings nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich sei, inwieweit die Reise für den einzelnen Reisenden beeinträchtigt worden sei. Für Kinder haben viele Urlaubserlebnisse eine andere Bedeutung als für Erwachsene. So könne sie etwa ein Urlaub enttäuschen, bei denen die erwarteten Angebote für Spiel und Sport ausgeblieben seien oder kaum Möglichkeiten bestanden haben, Gleichaltrigen zu begegnen, während die Eltern die erholsame Ruhe genießen.
Umgekehrt treffen andere Reisebeeinträchtigungen Kinder erfahrungsgemäß weniger schwer als Erwachsene. Insoweit werde bei Kindern bei der Bestimmung, ob eine Entschädigung wegen vertaner Urlaubszeit Kindern zu gewähren sei, teilweise nicht auf den Erholungswert, sondern auf den Erlebniswert des Urlaubs abgestellt.
Im vorliegenden Fall bewertete das Gericht den Urlaubs- bzw. Erlebniswert für den 5-jährigen Sohn der Klägerin als wesentlich geschmälert. Gerade die Einrichtungen, die auch für das Kind interessant waren, wie Kinderpool und Kinderclub, seien nicht vorhanden bzw. erheblich gestört gewesen. Weiterhin sei ein ungestörtes Spielen in der Clubanlage oder am Strand aufgrund der Bauarbeiten nicht möglich gewesen. Ferner sei anzunehmen, dass auch ein Kind massiven Baulärm als beeinträchtigend wahrnehme.
Schließlich spreche für die Gewährung einer Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude, dass für das Kind ein nicht unerheblicher Reisepreis bezahlt worden sei. Deshalb habe auch das 5-jährige Kind der Klägerin einen entsprechenden Anspruch wegen entgangener Urlaubsfreude.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.09.2011
Quelle: ra-online, Landgericht Frankfurt am Main (vt/we)