18.10.2024
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Landgericht Frankfurt am Main Urteil06.01.2011

Entgangene Urlaubsfreude betrifft auch Kinder - und führt zu SchadensersatzAuch Kindern steht Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu

Baustelle, geschlossene Kinde­r­ein­rich­tungen, fehlender Kinderpool: Nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main steht auch Kindern Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubzeit bzw. entgangener Urlaubsfreuden zu. Entscheidendes Kriterium ist, dass sie den Urlaub bewusst wahrnehmen können. Dies ist bei Kleinkindern bis 3 Jahren in der Regel noch nicht der Fall.

Mit dieser Argumentation gab das Landgericht der Klage einer Mutter in 2. Instanz weitgehend statt, die mit ihrem 5-jährigen Sohn einen Cluburlaub in Ägypten verbracht hatte und im Nachhinein Schadensersatz vom Reiseveranstalter verlangte. Die Mutter machte verschiedene Reisemängel geltend, u.a. Baulärm sowie einen fehlenden Kinderpool für ihren Sohn.

Urlaubsfreuden können auch 5-Jährigen entgehen ...

Anders als das erstin­sta­nzliche Amtsgericht entschieden die Richter, dass auch ein 5-jähriges Kind einen Schaden­s­er­satz­an­spruch auf Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreuden haben könne. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass grundsätzlich anerkannt sei, dass auch Schüler und Kinder einen Entschä­di­gungs­an­spruch wegen "nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit" gemäß § 651 f Absatz 2 BGB haben können.

... nicht aber Kleinkindern, die den Urlaub gar nicht bewusst wahrnehmen

Problematisch sei die Entscheidung aber dann, wenn es sich um Kleinkinder handele, die einen Urlaub gar nicht bewusst wahrnehmen. Schwierig sei die Beurteilung, ab welcher Altersgrenze es nicht mehr gerechtfertigt sei, einem Kind einen Entschä­di­gungs­an­spruch zuzubilligen. Als gesichert könne jedenfalls gelten, dass Kleinkindern im Alter von 2 oder 3 Jahren kein Anspruch zustehe.

5-jährige Kinder nehmen Urlaub in fremdem Land bewusst wahr

Bei einem 5-jährigen Kind hingegen sei sicherlich davon auszugehen, dass es einen Urlaub in einer Clubanlage in einem fremden Land bewusst wahrnehme. Für ein Kind in diesem Alter sei ein Urlaub etwas "Besonderes". Es gebe für das Kind nämlich normalerweise keinen Alltagsstress, es gebe besondere Sachen zu essen und es habe die Möglichkeit, ausgedehnt zu spielen - insbesondere an einem Strand oder Pool.

Für Kinder ist ein gelungener Urlaub etwas anderes als für Erwachsene

Ob und in welchem Umfang Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit zu zahlen sei, richte sich allerdings nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich sei, inwieweit die Reise für den einzelnen Reisenden beeinträchtigt worden sei. Für Kinder haben viele Urlaub­s­er­lebnisse eine andere Bedeutung als für Erwachsene. So könne sie etwa ein Urlaub enttäuschen, bei denen die erwarteten Angebote für Spiel und Sport ausgeblieben seien oder kaum Möglichkeiten bestanden haben, Gleichaltrigen zu begegnen, während die Eltern die erholsame Ruhe genießen.

Für Kinder zählt das Erlebnis, nicht die Erholung

Umgekehrt treffen andere Reise­be­ein­träch­ti­gungen Kinder erfahrungsgemäß weniger schwer als Erwachsene. Insoweit werde bei Kindern bei der Bestimmung, ob eine Entschädigung wegen vertaner Urlaubszeit Kindern zu gewähren sei, teilweise nicht auf den Erholungswert, sondern auf den Erlebniswert des Urlaubs abgestellt.

Geschlossene Kinde­r­ein­rich­tungen mindern Erlebniswert

Im vorliegenden Fall bewertete das Gericht den Urlaubs- bzw. Erlebniswert für den 5-jährigen Sohn der Klägerin als wesentlich geschmälert. Gerade die Einrichtungen, die auch für das Kind interessant waren, wie Kinderpool und Kinderclub, seien nicht vorhanden bzw. erheblich gestört gewesen. Weiterhin sei ein ungestörtes Spielen in der Clubanlage oder am Strand aufgrund der Bauarbeiten nicht möglich gewesen. Ferner sei anzunehmen, dass auch ein Kind massiven Baulärm als beein­träch­tigend wahrnehme.

Für Kind war erheblicher Reisepreis gezahlt worden

Schließlich spreche für die Gewährung einer Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude, dass für das Kind ein nicht unerheblicher Reisepreis bezahlt worden sei. Deshalb habe auch das 5-jährige Kind der Klägerin einen entsprechenden Anspruch wegen entgangener Urlaubsfreude.

Quelle: ra-online, Landgericht Frankfurt am Main (vt/we)

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