Im zugrunde liegenden Fall reiste eine Frau nach Ägypten, um dort ihren Urlaub zu verbringen. Sie hatte einen Pauschalurlaub gebucht und bewohnte ein Einzelzimmer. An die Zimmertür hatte sie ein "Don't disturb"-Schild (Bitte nicht stören) gehängt. Durch ein Nierenversagen erlitt sie eine Harnvergiftung und wurde in ihrem Zimmer ohnmächtig. Sie konnte daher an diesem Tag (30. Mai) nicht wie üblich gegen 20.00 Uhr ihren in Deutschland weilenden Ehemann anrufen. Dieser machte sich Sorgen und unterrichtete die Hotelleitung, die am 31. Mai lediglich einen Zettel unter der Zimmertür durchschob, mit der Bitte, die Frau möge sich bei ihrem Mann melden. Wegen des "Bitte nicht stören"-Schildes erfolgte am 31. Mai auch kein Zimmerservice.
Erst nachdem noch zwei weitere Nachrichtenzettel unter der Tür durchgeschoben worden waren, öffnete das Hotel am 1. Juni das Zimmer. Die Frau wurde auf die Intensivstation eines Krankenhauses gebracht und befand sich fünf Tage im Koma. Sie verklagte den Reiseveranstalter auf Rückerstattung des Reisepreises, eine Entschädigung für nutzlos aufgewandte Urlaubszeit und Schmerzensgeld. Wenn die Hotelleitung früher reagiert hätte, hätte man sie schon am 31. Mai gefunden. Dann hätte eine Infusion durch einen Hotelarzt genügt, um ihren Gesundheitszustand wieder herzustellen.
Das Gericht wies die Klage jedoch ab. Das Hotel habe alles richtig gemacht. Den Reiseveranstalter würden zwar Obhuts- und Fürsorgepflichten gegenüber dem Reisenden treffen. Diese gingen jedoch nicht so weit, auf Wunsch anderer Personen, sei es auch, wie hier, der - nicht mitreisende - Ehegatte, ein mit dem Hinweis "Do not disturb" versehenes Hotelzimmer zu öffnen, ohne dass hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Notfall vorliegt. Darin läge ein massiver Eingriff in die Privatsphäre des Hotelgastes, der ausdrücklich seinen Wunsch, nicht gestört zu werden, kundgetan hat.
Vielmehr würde umgekehrt ein solches Verhalten einen Reisemangel begründen. Eine Situation, in der sich ein Hotelgast in seinem Zimmer in einer hilflosen Lage befindet, ohne wenigstens zunächst noch die Möglichkeit zu haben, sich mit dem im Zimmer vorhandenen Telefon oder auch unmittelbar akustisch bemerkbar zu machen, sei ausgesprochen unwahrscheinlich. Der bloße - durch einen Dritten behauptete - Umstand, dass sich ein Hotelgast entgegen seiner sonstigen Gewohnheit nicht gemeldet habe und keine Anrufe entgegen nehme, stelle keinen hinreichenden Anhaltspunkt für einen solchen Notfall dar.
Erst als sich das "Do not disturb"-Schild auch am zweiten Tag hintereinander an der Tür befand und die Klägerin auch auf die Bitte des Hotels um Meldung nicht reagiert hatte, bestand Veranlassung, das Hotelzimmer zu öffnen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.11.2009
Quelle: ra-online (pt)