18.10.2024
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Dokument-Nr. 13925

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Landgericht Düsseldorf Vergleich07.08.2012

Streit um Hinter­blie­be­nenrente: NRW schließt Vergleich mit Witwe eines Auschwitz-OpfersRentenzahlung an Hinterbliebene setzt laut Bundes­ent­schä­di­gungs­gesetz voraus, dass der Tod auf die Verfolgung zurückgeht

Die Klägerin, Eva B., und das beklagte Land NRW haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Düsseldorf einen Vergleich zur Beendigung des Rechtsstreits um die Hinter­blie­be­nenrente der Klägerin geschlossen. Eva B., vertreten durch den Verband Deutscher Sinti und Roma, soll rückwirkend zum 01.03.2009 Beihil­fe­leis­tungen in Höhe von monatlich 600,00 € erhalten. Darüber hinaus übernimmt das Land - vorbehaltlich einer gesetzlichen Rechtsgrundlage - auch die zukünftigen Kosten der Kranken­ver­sorgung der Klägerin. Da die Klägerin bei der Verhandlung nicht anwesend sein konnte, haben sich ihre Vertreter ein dreiwöchiges Widerrufsrecht vorbehalten. Sollte die Klägerin den Vergleich widerrufen, wird die Kammer ihre Entscheidung am 25.09.2012 verkünden.

Im zugrunde liegenden Fall stellte sich die Frage, ob der Klägerin nach dem Versterben ihres Ehemannes, der als Verfolgter im Sinne des BEG anerkannt war, Hinterbliebenenrente gem. § 41 BEG zusteht. Das Land NRW, vertreten durch die Bezirks­re­gierung Düsseldorf, hatte einen entsprechenden Antrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, dass die hierfür vom Gesetzgeber geforderten Voraussetzungen nicht vorlägen. Es sei nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrschein­lichkeit davon auszugehen, dass der Tod des Ehemannes der Klägerin auf einer durch die Verfolgung beruhenden Schädigung seines Körpers oder seiner Gesundheit beruhe.

Lungen­ar­te­ri­e­n­embolie: War die Zwangsarbeit im Konzen­tra­ti­o­nslager wirklich die Ursache?

Anton B. war Ende 2009 im Alter von 84 Jahren an einer Lungen­ar­te­ri­e­n­embolie verstorben. Zwei Wochen zuvor war ihm ein Herzschritt­macher eingesetzt worden. Seine Witwe vertrat die Auffassung, dass die in den 1950er Jahren erstmals diagnostizierte Herzerkrankung ihres Mannes auf die körperlichen und psychischen Belastungen während seiner in den Jahren 1943 bis 1945 erfolgten Internierung in Konzen­tra­ti­o­ns­lagern und der ihm in dieser Zeit abverlangten Zwangsarbeit zurückzuführen sei. Da diese Herzerkrankung die Operation zum Einsetzen des Herzschritt­machers erforderlich gemacht und diese wiederum zu der todes­ur­säch­lichen Lungen­ar­te­ri­e­n­embolie geführt habe, sei der Tod ihres Mannes im Ergebnis auf die durch die Verfolgung bedingte Schädigung seines Herzens zurückzuführen.

Ärztliche Unterlagen weisen keinen Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Herzerkrankung auf

Nach Auffassung des Landes hat nach Prüfung der bis in die 1950er Jahre zurück­rei­chenden ärztlichen Unterlagen bereits kein überwiegend wahrschein­licher Zusammenhang zwischen der Verfolgung von Anton B. in den Jahren 1943 bis 1945 und seiner Herzerkrankung festgestellt werden können. Auch sei es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die todes­ur­sächliche Lungen­ar­te­ri­e­n­embolie Folge der Herzschritt­ma­che­r­ope­ration und damit der Herzerkrankung gewesen sei. Ein zu diesen Fragen vom Gericht eingeholtes medizinisches Sachver­stän­di­gen­gut­achten bestätigte zunächst diese Auffassung der Beklagten.

Klägerin macht Beihil­fe­leis­tungen geltend

Alternativ hatte die Klägerin im Verwal­tungs­ver­fahren Ansprüche auf Beihil­fe­leis­tungen gem. § 41 a BEG geltend gemacht. Nach § 41 a BEG stehen den Hinterbliebenen eines Verfolgten Beihil­fe­leis­tungen in Höhe von 2/3 der Hinter­blie­be­nen­renten gem. § 41 BEG zu, wenn der Verstorbene eine Erwer­bs­min­de­rungsrente in Höhe von mindestens 70 % des Maximalbetrages bezogen hatte. Der Ehemann der Klägerin erhielt bis zu seinem Tod eine Erwer­bs­min­de­rungsrente in entsprechender Höhe. Bei der Bemessung der Höhe seiner Rente wurde u. a. seine Herzerkrankung als durch die Verfolgung bedingt anerkannt und berücksichtigt.

Einigung trotz Bedenken der Beklagten

Den Parteien wurde durch das Landgericht Düsseldorf eine vergleichsweise Einigung auf Grundlage der Beihil­fe­leis­tungen gem. § 41 a BEG vorgeschlagen. Seitens der Beklagten bestanden zunächst Bedenken, ob aufgrund der im Verfahren gewonnenen medizinischen Erkenntnisse die Höhe der Rente des Verstorbenen zutreffend bemessen worden sei. Würde nämlich die Herzerkrankung des Ehemanns der Klägerin keinen verfol­gungs­be­dingten Gesund­heits­schaden darstellen, wäre auch eine Erwer­bs­min­de­rungsrente von 70 % der Höhe nach nicht angemessen gewesen. Dies hätte, so die Beklagte, wiederum zur Folge haben können, dass der Klägerin auch keine Beihil­fe­leis­tungen gem. § 41 a BEG zustünden. Auf diese Argumentation hat die Beklage im Laufe der mündlichen Verhandlung keinen Bezug mehr genommen, sondern der Klägerin die im Vergleich vereinbarten Beihil­fe­leis­tungen zugestanden.

Quelle: Landgericht Düsseldorf/ra-online

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