Dokument-Nr. 26985
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- NJW-RR 2017, 482Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2017, Seite: 482
- Überwiegende Haftung des Rettungswagenfahrers für Verkehrsunfall aufgrund Einfahrens in Kreuzung bei Rotlicht mit über 40 km/hOberlandesgericht Düsseldorf, Urteil06.02.2018, I-1 U 112/17
- Einsatzfahrer der Feuerwehr trägt Mitschuld an Unfall aufgrund Vorfahrtsverletzung trotz SonderrechteOberlandesgericht Thüringen, Urteil20.12.2006, 4 U 259/05
Landgericht Bonn Urteil28.09.2016
Einfahrt in Kreuzungsbereich trotz Möglichkeit der Wahrnehmung eines Einsatzfahrzeugs begründet Mitverschulden an Unfall von 30 %Einsatzfahrzeug muss bei Rotlicht notfalls mit Schrittgeschwindigkeit in Kreuzung einfahren
Kommt es auf einer Kreuzung zu einem Verkehrsunfall, weil ein Pkw-Fahrer trotz eines wahrnehmbaren Einsatzfahrzeugs bei "Grün" auf die Kreuzung fährt und das Einsatzfahrzeug nicht mit Schrittgeschwindigkeit bei Rotlicht auf die Kreuzung fährt, begründet dies eine Haftungsverteilung von 70 % zu 30 % zu Gunsten des Pkw-Fahrers. Dies hat das Landgericht Bonn entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 2012 fuhr ein Pkw-Fahrer mit seinem Fahrzeug bei Grünlicht auf eine Kreuzung. Zur selben Zeit fuhr ein Polizeifahrzeug unter Einsatz von Sonderrechten und mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h bei "Rot" ebenfalls auf die Kreuzung. Es kam zu einem Zusammenstoß beider Fahrzeuge. Der Pkw-Fahrer gab an, das Martinshorn erst auf Höhe der Ampelanlage gehört zu haben. Da er es aber nicht sofort habe lokalisieren können, entschloss er sich über die Kreuzung hinwegzufahren, um nicht bei einem Abbremsen mitten auf der Kreuzung stehen zu bleiben. Der Pkw-Fahrer ging von einer vollen Haftung des Bundeslandes aus und klagte auf Zahlung von Schadensersatz.
Anspruch auf Schadensersatz aufgrund Verkehrsunfalls
Das Landgericht Bonn entschied zum Teil zu Gunsten des Klägers. Ihm stehe zwar ein Schadensersatzanspruch zu, jedoch müsse er sich ein Mitverschulden von 30 % anlasten lassen.
Zu schnelles Einfahren in Kreuzung durch Polizeifahrzeug
Der Staat hafte überwiegend für die Unfallfolgen, so das Landgericht, da der Fahrer des Polizeifahrzeugs zu schnell und damit nicht mit der äußerst notwendigen Sorgfalt in die Kreuzung eingefahren sei. So lange der Fahrer nicht auf die Gewährung freier Fahrt durch alle anderen an sich bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer vertrauen könne, müsse er sich notfalls im Schritttempo an die Kreuzung tasten. Dem sei der Fahrer nicht nachgekommen.
Mitverschulden des Pkw-Fahrers
Dem Kläger sei demgegenüber nach Ansicht des Landgerichts ein Verstoß gegen § 38 Abs. 1 Satz 2 StVO, dem Einsatzfahrzeug sofort freie Bahn zu verschaffen, vorzuwerfen. Die Beweisaufnahme habe gezeigt, dass das Martinshorn und das Blaulicht bereits einige Zeit vor dem Einfahren des Polizeifahrzeugs in die Kreuzung eingeschaltet waren. Ein Sachverständiger stellte fest, dass der Kläger das Polizeifahrzeug ca. 60 m vor der Haltelinie der Kreuzung in seiner Fahrtrichtung hätte erkennen können. Es sei zu beachten, dass ein wahrnehmungsbereiter und in der verkehrserforderlichen Weise aufmerksamer Fahrer dafür Vorsorge treffen müsse, dass er ganz allgemeine Verkehrssignale frühzeitig wahrnehmen könne.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.01.2019
Quelle: Landgericht Bonn, ra-online (vt/rb)
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