23.11.2024
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Landgericht Berlin Urteil14.02.2013

Transport von Leichen in einem roten Lieferwagen ist unzulässigRot als Signalfarbe entspricht nicht der Würde der Verstorbenen und dem Pietäts­emp­finden der Angehörigen

Leichen dürfen nicht in einem knallroten Lieferwagen transportiert werden. Denn Rot als Signalfarbe entspricht nicht der Würde der Verstorbenen und dem Pietäts­emp­finden der Angehörigen. Dies hat das Landgericht Berlin entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Bestattungsunternehmen benutzte im März 2012 zum Transport eines Verstorbenen einen knallroten Lieferwagen. Die Innung der Bestatter in Berlin und Brandenburg sah darin einen Wettbewerbsverstoß und klagte auf Unterlassung des Transports von Leichen in einem dafür nicht vorgesehenen Fahrzeug. Sie war der Meinung, dass der Lieferwagen nicht den Vorschriften für Bestatter entspreche. Zudem behauptete sie, der Innenraum des Fahrzeugs sei verschmutzt und nicht zur Desinfektion geeignet gewesen. Des Weiteren seien die Särge nicht zu befestigen gewesen.

Anspruch auf Unterlassung bestand

Das Landgericht Berlin entschied zu Gunsten der Bestat­tungs­innung. Ihr habe ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG zugestanden. Sie habe den Anspruch auch geltend machen dürfen, da sie als eingetragener Verein ein rechtsfähiger Verband im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UWG gewesen sei. Sie sei zudem in der Lage und gemäß ihrer Satzung auch berechtigt gewesen, Maßnahmen zur Aufrecht­er­haltung eines lauteren Wettbewerbs und Unterbindung unlauteren Wettbewerbs einschließlich der Führung von Prozessen zu ergreifen.

Knallroter Lieferwagen genügte nicht den Anforderungen des Bestat­tungs­ge­setzes

Aus Sicht des Landgerichts habe der Transport der Leiche in einem knallrotem Lieferwagen nicht den Anforderungen der §§ 2 und 12 des Bestat­tungs­ge­setzes von Berlin genügt. Die Ehrfurcht vor den Toten erfordere es, dass zum Leichentransport Fahrzeuge genutzt werden, die der Würde der Verstorbenen und dem Pietäts­emp­finden gegenüber den Angehörigen Rechnung tragen. Rot als Signalfarbe entspreche dem nicht.

Trauerfarben sind schwarz oder zumindest gedeckte Farben

In den westlichen Kulturkreisen sei die allgemein anerkannte Farbe der Trauer schwarz oder andere zumindest gedeckte Farben, wie Dunkelblau oder Grau, so das Landgericht weiter. Darüber hinaus errege Schwarz als unbunte Farbe nicht so viel Aufmerksamkeit. So werde sichergestellt, dass die Verstorbenen nicht zur Schau gestellt werden und die Trauer der Angehörigen Ausdruck verliehen werde.

Lieferwagen war kein ausreichender Leichenwagen

Weiterhin habe die Ausstattung des Lieferwagens nach Auffassung des Landgerichts nicht den Anforderungen eines Leichenwagens im Sinne des § 17 der Durch­füh­rungs­ver­ordnung zum Berliner Bestattungsgesetz entsprochen. Danach müsse der Laderaum mit sämtlichen Einbauten umschlossen, verschließbar und vom Fahrraum getrennt sowie abwaschbar und desin­fek­ti­o­ns­ge­eignet sein. Außerdem müsse es möglich sein den Sarg zu befestigen, so dass er sich während der Fahrt nicht verschiebt. Diesen Anforderungen habe der Lieferwagen nicht genügt. Insbesondere habe es nicht ausgereicht, dass der Holzboden und die Wände mit einem abwaschbaren Hartlack versehen waren.

Bestat­tungs­gesetz und Durch­füh­rungs­ver­ordnung stellen Markt­ver­hal­tens­regeln dar

Das Landgericht führte weiter aus, dass das Berliner Bestat­tungs­gesetz und die Durch­füh­rungs­ver­ordnung Markt­ver­hal­tens­regeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dargestellt haben. Denn das Bestat­tungs­gesetz zeichne sich dadurch aus, dass es zumindest im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten regele. Es diene nicht nur dem Schutz der Verstorbenen, sondern verfolge zugleich das Ziel, gleiche Voraussetzungen für die auf dem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen.

DIN-Normen waren unerheblich

Auf die DIN-Normen sei es dagegen nach Ansicht des Gerichts nicht angekommen, da sie keine verbindlichen Rechtsnormen seien. Zudem enthalten sie keine Zulas­sungs­regeln, die das Marktverhalten regeln und dem Schutz der Verbraucher dienen. Daher stellen sie auch keine Markt­ver­hal­tens­regeln im Sinne von § 4 UWG dar.

DEKRA-Bescheinigung unbeachtlich

Das Gericht sah es weiterhin als unbeachtlich an, ob die DEKRA eine Betrie­bs­er­laubnis des Lieferwagens als Bestat­tungs­fahrzeug nach § 21 StVZO erteilt habe. Denn die Bescheinigung diene lediglich dazu, die Verkehrs­si­cherheit im technischen Sinne nachzuweisen. Es habe aber keine Aussage darüber getroffen, ob die Ausstattung des Lieferwagens den Anforderungen eines Bestat­tungs­fahr­zeuges gemäß der DIN EN 15017 entspreche.

Quelle: Landgericht Berlin, ra-online (vt/rb)

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