Landgericht Berlin Urteil29.01.2019
Auf Eigenbedarfskündigung gestützte Räumungsklage bei Wegfall des Nutzungswunschs vor Ablauf der Kündigungsfrist rechtsmissbräuchlichUmzug in eigene Wohnung aufgrund Arbeitsunfalls auf absehbare Zeit nicht möglich
Auch wenn zum Zeitpunkt der Erklärung einer Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein berechtigter Nutzungswunsch vorlag, ist die Weiterverfolgung des Räumungsanspruchs gegen den Wohnungsmieter rechtsmissbräuchlich, wenn der Nutzungswunsch noch vor Ablauf der Kündigungsfrist wegfällt. Dies hat das Landgericht Berlin entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2016 erhielten die Mieter einer Wohnung in Berlin eine Kündigung wegen Eigenbedarfs von ihrer nicht in Berlin lebenden Vermieterin. Nach der Kündigung sollten die Mieter spätestens Ende Januar 2017 ausgezogen sein. Hintergrund der Eigenbedarfskündigung war, dass die Vermieterin wegen der Annahme eines Jobs als Stuntwoman und als Rettungssanitäterin in Berlin die Wohnung benötigte. Im Juni 2016 erlitt die Vermieterin jedoch einen Arbeitsunfall, der die Aufnahme der beiden Jobs auf absehbare Zeit unmöglich machte. Sie war bis März 2018 dauerhaft krankgeschrieben. Zudem wurde ihr ärztlich bescheinigt, unter einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden. Trotz dessen klagte die Vermieterin gegen ihre Mieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung, nachdem diese auch nach Ablauf der Kündigungsfrist im Januar 2017 in der Wohnung verblieben. Das Amtsgericht Berlin-Mitte gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Mieter.
Kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung
Das Landgericht Berlin entschied zu Gunsten der Mieter und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Der Vermieterin stehe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zu. Der von ihr geltend gemachte Eigenbedarf habe, auch wenn er zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs tatsächlich bestanden haben sollte, bei Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr auf einem hinreichenden Nutzungswunsch beruht. Der ursprünglich geltend gemachte Kündigungsgrund sei aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vor Ablauf der Kündigungsfrist entfallen. In diesem Fall sei es rechtsmissbräuchlich, wenn die Vermieterin den Räumungsanspruch gleichwohl weiterverfolge.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.03.2019
Quelle: Landgericht Berlin, ra-online (vt/rb)