In dem zugrunde liegenden Fall wurde der Mieterin einer Einzimmerwohnung im April 2011 wegen Eigenbedarfs gekündigt. Der Vermieter machte geltend, die Wohnung dringend für die Pflege seiner demenzkranken Mutter zu benötigen, die zurzeit allein in ihrem Einfamilienhaus wohnte. Nachdem die Mieterin im August 2012 ausgezogen war, stand die Wohnung leer. Die Mutter des Vermieters zog nie in die Wohnung und verstarb im November 2014. Zur Begründung verwies der Vermieter darauf, dass sich der Gesundheitszustand seiner Mutter im Sommer 2013 erheblich verschlechtert hatte und somit ein Umzug nicht mehr in Frage kam. Die Mieterin ließ dies nicht gelten. Sie führte unter Benennung von Zeugen an, dass die Mutter des Vermieters niemals die Absicht gehabt habe, in die Wohnung zu ziehen. Der Eigenbedarf sei somit vorgetäuscht gewesen. Die Mieterin erhob daher Klage auf Zahlung von Schadensersatz.
Das Amtsgericht Landsberg am Lech wies die Schadensersatzklage ab. Der Eigenbedarf sei nicht vorgetäuscht gewesen. Dieser habe vielmehr zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden und sei später weggefallen. Die von der Mieterin eingelegte Berufung wies das Landgericht Augsburg zurück. Dagegen richtete sich die Revision der Mieterin.
Der Bundesgerichthof entschied zu Gunsten der Mieterin und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Das Landgericht habe unzulässig die von der Mieterin unter Beweis gestellte Behauptung, ein Eigenbedarfswunsch der Mutter des Vermieters habe nie vorgelegen, nicht berücksichtigt. Somit habe eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) vorgelegen. Es sei in diesem Zusammenhang zu beachten, dass ein Eigenbedarf nicht bestehe, wenn die vom Vermieter genannte Eigenbedarfsperson gar nicht die Absicht hat, in die Wohnung zu ziehen.
Soweit der Vermieter anführte, er habe seine Mutter erst auf den Umzug vorbereiten wollen, hielt der Bundesgerichtshof dies für unbeachtlich. Für eine Eigenbedarfskündigung reiche eine sogenannte Vorratskündigung, der ein gegenwärtig noch nicht absehbarer Eigennutzungswunsch der Eigenbedarfsperson zugrunde liegt, nicht aus. Vielmehr müsse sich der Nutzungswunsch soweit verdichtet haben, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung bestehe. Dies sei aber im Hinblick auf die unter Beweis gestellte Behauptung der Mieterin fraglich gewesen.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs seien zudem die Feststellungen zum nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs ungenügend. Das Amtsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Mieterin die Wohnung bereits im August 2012 verlassen hatte, weshalb die erst ein Jahr später eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht ansatzweise erkläre, warum der Eigenbedarf ein Jahr zuvor nicht zeitnah verwirklicht wurde.
Der Bundesgerichtshof wies den Rechtsstreit zur Neuverhandlung an das Landgericht zurück.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.02.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)