21.11.2024
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Landgericht Arnsberg Urteil26.10.2010

Blutige und abgelöste Kopfhaut nach Blondierung – Kundin hat Anspruch auf 3.000 Euro SchmerzensgeldKundin muss sich auf fachliche Kompetenz des Friseurs bei der Behandlung verlassen können

Kommt es bei einer Friseur-Kundin durch eine Blondierung der Haare zu blutiger und sich ablösender Kopfhaut, sowie zum Abbrechen der Haare, steht der Kundin Schmerzensgeld zu. Ein Mitverschulden der Kundin ist auszuschließen, wenn sie auf Schmerzen bei der Behandlung hingewiesen hat. Die Kundin darf sich auf eine fachlich ordnungsgemäße Behandlung durch den Friseur verlassen. Dies entschied das Landgericht Arnsberg.

Im zugrunde liegenden Streitfall ließ sich eine Friseur-Kundin im Oktober 2008 im Salon der Beklagten ihre damals 10 cm langen braunen Haare blondieren. Beim Auswaschen des Blondie­rungs­mittels hatte die Kundin starke Schmerzen an der Kopfhaut, die zudem stark geschwollen war. Am Schluss der Behandlung brach sie in Tränen aus, die Kopfhaut blutete. Als Farbton zeigte sich statt blond orange. Abends hatte die Frau an der Kopfhaut offene Stellen. Am nächsten Tag hatte sich die oberste Schicht der Kopfhaut abgelöst, die Kopfhaut selbst war mehrere Wochen lang feucht und borkig.

Hautarzt und Gutachter bestätigen entzündete Kopfhaut und langwierigen Heilungsprozess

Die Frau suchte vier Tage später ihre Hausärztin auf. Diese diagnostizierte eine entzündete Kopfhaut und vermutete wegen gleichzeitig geschwollener Lymphknoten eine allergische Reaktion. Ein Privatgutachter erstellte für die Frau ein schriftliches Gutachten. Nach dessen Inhalt war die Kopfhaut seinerzeit stark geschädigt und verkrustet, die Klägerin litt an Haarausfall und Haarbruch. Der Privatgutachter ging von einem noch zwei Wochen dauernden Heilungsprozess aus.

Haftpflicht­ver­si­cherung der Beklagten zahlt Schadensersatz und Schmerzensgeld

Die Kundin trug bis April 2009 eine Perücke. Die Haftpflicht­ver­si­cherung der Beklagten zahlte an die Klägerin zum Ausgleich des materiellen Schadens einen Betrag von 456,63 Euro sowie ein Schmerzensgeld von 500 Euro. Im Januar 2009 leistete der Haftpflicht­ver­si­cherer ein weiteres Schmerzensgeld von 543,37 Euro.

Klägerin verlangt weiteres Schmerzensgeld

Die Frau klagte dennoch vor dem Amtsgericht Arnsberg auf weiteres angemessenes Schmerzensgeld, da die Blondierung fehlerhaft erfolgt sei und das Mittel zu lange aufgetragen und pflichtwidrig einmassiert worden sei. Nach Ansicht des Friseurs war die Kopfhaut jedoch nach der Behandlung nur gereizt und nicht geschädigt gewesen; eventuelle Verletzungen beruhten auf einer Vorschädigung oder auf einer allergischen Reaktion der Kundin.

Amtsgericht weist Klage ab

Das Amtsgericht Arnsberg wies die Klage jedoch ab. Zwar sei dem Grunde nach wegen der körperlichen Schäden, die durch die Blondie­rungs­be­handlung verursacht worden sei, ein Schmerzensgeld der Klägerin berechtigt, dieses reiche aber der Höhe nach nicht über die insgesamt gezahlten 1.043,37 Euro hinaus; immerhin habe die Frau unmittelbar nach der Behandlung noch ein Restaurant besuchen können, zudem seien die Folgen durch das Tragen der Perücke stark abgemildert.

Friseur weist auf Mitverschulden der Kundin hin

Die Frau legte daraufhin Berufung beim Landgericht Arnsberg ein. Die Bemessung des Schmer­zens­geldes durch das Amtsgericht sei in Anbetracht der schwerwiegenden Folgen der fehlge­schlagenen Blondierung viel zu gering, das Amtsgericht habe insbesondere den Restau­rant­besuch falsch bewertet und das Tragen der Perücke nicht richtig eingeordnet. Der Friseur sah hingegen ein Mitverschulden bei der Kundin, da sie die Blondie­rungs­be­handlung fortgesetzt habe, statt diese wegen der Schmerzen abzubrechen.

LG Arnsberg: Kundin hat Anspruch auf Schmerzensgeld

Die Berufung hatte vor dem Landgericht Arnsberg schließlich Erfolg. Das Gericht sprach der geschädigten Kundin weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro nebst Zinsen zu.

Friseur haftet aus fahrlässig fehlerhafter Haarbehandlung und fahrlässiger Körper­ver­letzung

Zur Begründung verwies das Gericht auf Verletzung vertraglicher Pflichten gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 278, 253 Abs. 2 BGB und unerlaubter Handlung gem. §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB. Der Friseur hafte aus fahrlässig fehlerhafter Haarbehandlung bzw. aus fahrlässiger Körper­ver­letzung auf Ersatz des immateriellen Schadens der Kundin. Die vorgenommene Blondierung war fehlerhaft und pflichtwidrig. Die Angestellte des Friseur­ge­schäfts hatte das eingesetzte Blondie­rungs­mittel zu lange und zu intensiv aufgetragen. Als Folge der Blondierung erlitt die Klägerin starke Schmerzen, außerdem führte die Blondierung wegen der Ablösung der oberen Kopfhaut zu einer Körper­ver­letzung der Kundin, was für mehrere Wochen eine feuchte, sich ablösende und später borkige Kopfhaut zufolge hatte.

Mitverschulden der Kundin liegt nicht vor

Für eine Mitverursachung gem. § 254 Abs. 1 BGB seitens der Kundin fehle jeder brauchbare tatsächliche Anhaltspunkt. Allein aufgrund des Umstandes, dass die Frau bereits zu Anfang der Behandlung starke Schmerzen verspürte, lässt sich noch kein Vorwurf gegen sie herleiten. Die Klägerin durfte im Gegenteil darauf vertrauen, dass der fachkundige Friseur von sich aus geeignete Maßnahmen gegen die Schmerzen ergreifen oder die Behandlung abbrechen werde, falls derartige die Schmerzen lindernden Maßnahmen nicht in Betracht kamen. Es könne der Kundin kein Vorwurf daraus gemacht werden, wenn sie sich auf eine fachlich ordnungsgemäße Behandlung durch den Friseur verlasse und nicht dagegen einschreite.

Unter Berück­sich­tigung der maßgeblichen, schwerwiegenden und schmerzhaften Verletzung der Kopfhaut und dem Zwang, die zuvor 10 cm langen Haare auf 6 mm kürzen zu lassen sowie dem Tragen einer Perücke über mehr als ein halbes Jahr, sei zur Abgeltung der erlittenen Beein­träch­ti­gungen das Schmerzensgeld von insgesamt insgesamt 3.000 Euro angemessen, urteilten die Richter. Eine derartige Höhe sei insbesondere deswegen sachgerecht, da die Klägerin beim Kontakt mit anderen Personen, sei es beruflich oder privat, über ein halbes Jahr lang erhebliche psychische Beein­träch­ti­gungen hat hinnehmen müssen.

Quelle: ra-online (kg) .

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