21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil09.09.2015

LAG Schleswig-Holstein zur Diskriminierung schwer­be­hin­derter Menschen bei Neuein­stel­lungenSchriftlicher Test ersetzt nicht das Vorstellungs­gespräch

Gemäß § 82 Satz 2 SGB IX muss ein öffentlicher Arbeitgeber einen schwer­be­hin­derten Stellenbewerber zum Vorstellungs­gespräch einladen, soweit dieser nicht offensichtlich fachlich ungeeignet ist. Dies kann nicht durch einen schriftlichen, für alle Bewerber verbindlichen Auswahltest ersetzt werden. Wird einem schwer­be­hin­derten Bewerber, der das Anfor­de­rungs­profil erfüllt, nach nicht bestandenem Test abgesagt, ohne ihn zum Vorstellungs­gespräch einzuladen, stellt dies ein Indiz für eine Diskriminierung wegen der Schwer­be­hin­derung dar und kann die Zahlung einer Entschädigung nach sich ziehen. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Schleswig-Holstein entschieden.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte, eine öffentliche Arbeitgeberin, schrieb Ausbil­dungs­plätze im dualen Studium zur Verwal­tungs­in­for­ma­tikerin/zum Verwal­tungs­in­for­matiker - Diplom (FH) aus. Voraussetzung war ausdrücklich "mindestens vollwertige Fachhoch­schulreife". Der schwer­be­hinderte, entsprechend ausgebildete Kläger bewarb sich um den Studienplatz, nahm an dem bereits in der Ausschreibung erwähnten schriftlichen Eignungstest teil und fiel durch. Daraufhin erteilte ihm die Beklagte eine Absage. Der Kläger verlangte von der Beklagten die Zahlung einer Entschädigung, weil er wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden sei.

Fachlich geeigneter schwer­be­hin­derter Bewerber ist vom öffentlichen Arbeitgeber immer zum Vorstel­lungs­ge­spräch einzuladen

Seine Klage war sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landes­a­r­beits­gericht Schleswig-Holstein im Umfang von zwei Brutto­mo­nats­ver­gü­tungen erfolgreich. Das Bestehen eines Eingangstests war hier ausweislich der Ausschreibung keine Stelle­n­an­for­derung, sondern bereits Teil des Auswahl­ver­fahrens. Dabei musste die Beklagte aber § 82 Satz 2 SGB IX beachten. Dieser besagt, dass ein fachlich geeigneter schwer­be­hin­derter Bewerber vom öffentlichen Arbeitgeber immer zum Vorstel­lungs­ge­spräch einzuladen ist. Er soll etwaige Defizite in einem persönlichen Gespräch ausgleichen können. Unterbleibt die Einladung, wird nach dem Gesetz eine Diskriminierung aufgrund der Schwer­be­hin­derung vermutet. Dies ist im entschiedenen Fall von der Beklagten nicht widerlegt worden.

Quelle: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein/ra-online

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