21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil07.08.2018

Arbeitsvertrag kann auch durch tatsächliches Handeln geschlossen werdenTarifliches Schrift­formgebot führt in der Regel nicht zur Unwirksamkeit des durch tatsächliches Handeln zustande gekommenen Arbeitsvertrags

Ein Arbeitsvertrag kann zustande kommen, indem der Arbeitnehmer seine Arbeit tatsächlich aufnimmt und der Arbeitgeber die Arbeit annimmt. Arbeitnehmer und Arbeitgeber erklären dadurch konkludent Angebot und Annahme des Arbeitsvertrags. Ein tarifliches Schrift­formgebot für den Abschluss eines Arbeitsvertrags führt in der Regel nicht zur Unwirksamkeit des durch tatsächliches Handeln zustande gekommenen Arbeitsvertrags. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Schleswig-Holstein entschieden.

Der klagende Arbeitnehmer des zugrunde liegenden Falls arbeitete zunächst bei einem Konzern­un­ter­nehmen. Dort war die Schließung des Standorts absehbar. Für den Kläger wurde eine wohnortnahe Beschäftigung in einem anderen Konzern­un­ter­nehmen gesucht. Die konzern­an­ge­hörige Beklagte übersandte dem Kläger dazu diverse Willkom­mens­in­for­ma­tionen. Der zukünftige Vorgesetzte erklärte u.a. dem Kläger, dass dieser am 1. Juni 2016 bei der Beklagten anfangen werde. Der Kläger bestätigte in einer mit den Willkom­mens­in­for­ma­tionen beigefügten Einverständniserklärung, dass er mit Tätigkeit und Bezahlung einverstanden sei. Zum Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags kam es nicht. Der Kläger nahm am 1. Juni 2016 seine Arbeit bei der Beklagten auf und wurde vertragsgerecht vergütet. Im September 2016 wurde dem Kläger und anderen Mitarbeitern bedeutet, es liege ein Fehler vor: Der alte Arbeitgeber habe den Kläger und weitere Mitarbeiter an die Beklagte im Wege der Arbeit­neh­mer­über­lassung verliehen. Ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten bestehe nicht.

LAG: Arbeitsvertrag auch ohne Einhaltung der Schriftform wirksam

Die Klage des Arbeitnehmers auf Feststellung eines Arbeits­ver­hält­nisses mit der Beklagten war wie bereits vor dem Arbeitsgericht Kiel erfolgreich. Hat ein Arbeitgeber durch einen nicht zum Abschluss von Arbeits­ver­trägen bevoll­mäch­tigten Mitarbeiter (zukünftiger Fachvor­ge­setzter) einem in einem anderen Unternehmen des Konzerns beschäftigten Mitarbeiter mitgeteilt, er werde zu ihm "wechseln" und ihm dabei die Konditionen der Beschäftigung mitgeteilt und hat der Arbeitnehmer keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Arbeit­neh­mer­über­lassung beabsichtigt ist, gibt der Arbeitnehmer mit Aufnahme der Arbeit zu den neuen Arbeits­ver­trags­be­din­gungen ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ab. Dieses Angebot nimmt der Arbeitgeber regelmäßig durch Eingliederung des Betroffenen in den Betrieb und wider­spruchsloses "Arbeiten lassen" konkludent an. Die Schriftformklausel im anwendbaren Tarifvertrag ist nicht konstitutiv, das heißt ein Arbeitsvertrag ist auch ohne Einhaltung der Schriftform wirksam.

Quelle: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein/ra-online (pm)

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